Tagesarchiv: 22. Juli 2011

Das BAOFENG UV-3R 2m/70cm Handfunkgerät

Gestern war die kesse blonde Post-Biene mit dem Elektroscooter da, übrigens eine begeisterte Leserin meiner Bücher,  und hat mir mein Baofeng gebracht, das ich vor zehn Tagen in Hongkong bestellt hatte. Raubrittergebühr wollte sie diesmal keine – das Gerätchen ist unter dem Radar des Zolls durch geschlüpft. Ganz legal übrigens, denn es kostete mich, inklusive Versand nur Fr. 47.20.

Man stelle sich vor: Für diesen Betrag habe ich eine Schachtel mit folgendem Inhalt erhalten:

  1.   2m/70cm Handfunkgerät mit 2W Sendeleistung
  2. Eine Lithium-Ionenbatterie mit 1200 mAh
  3. Zwei Antennen, eine für 70cm, eine für 2m optimiert
  4. Ein Ladegerät plus Ladebucht
  5. Ein USB Programmierkabel mit Software auf Mini CD
  6. Eine Kopfhörer- Mikrofongarnitur
  7. Ein Gürtelclip und eine Trageschlaufe
  8. Ein Handbuch, und wie so oft aus Hongkong:
  9. Ein “Gift”. Ein Rot-Blau Kugelschreiber

Alles schön verpackt in einer Kartonschachtel, mit grünem Packpapier drum herum und deklariert als “Toy”

Und das ist das Gerätchen schließlich auch: ein Spielzeug. Was macht man zuerst, wenn man ein neues Spielzeug bekommt? Das Handbuch studieren, auf den Messplatz damit? Nein, natürlich ein QSO fahren. Diesmal mit Albert, HB9BSR, der auf dem Col des Mosses im Regen saß. Via Relais Magglingen notabene. Das hat auch wunderbar geklappt. Die Modulation wurde für gut befunden und die Verständlichkeit war perfekt.

Doch schauen wir uns das Teil etwas nähern an:

  • Es ist etwa so groß, wie das VX-3 von Yaesu
  • es hat ein CE Zeichen, zu Unrecht, wie wir später erfahren werden.
  • Das Gerät ist offen, funktioniert also in den Frequenzbereichen 136 – 174 und 400 – 470 MHz. Doch man hüte sich am Morgarten, wir wollen ja unsere Lizenz behalten.
  • Es beinhaltet eine LED Taschenlampe und ein UKW-Radio.
  • Der große, griffige Drehknopf für Frequenz und Lautstärke lässt sich mechanisch verriegeln (hineindrücken), die Tastatur elektronisch.
  • Es hat einen 1750 Hz Rufton, CTCSS und DCS
  • Es besitzt ein S-Meter
  • Es kommt mit einem Minimum von 7 Tasten aus, inklusive off/on und Sendetaste.
  • Trotzdem kann es alles, was der OM so braucht.
  • Als Schrittweiten können 5, 6.25, 10, 12.5, 20 und 25 kHz eingestellt werden
  • Es besitzt 99 Speicher für alle wichtigen Parameter, leider nicht alphanumerisch beschreibbar.
  • Wide/Narrow FM Umschaltung
  • Dual Watch
  • Vorzugskanal
  • Scanfunktionen
  • VOX und Time out Timer gegen zu langes Quasseln

und sicher noch vieles mehr, wenn ich das verwirrende Manual genauer studieren würde. Allein mir fehlt die Geduld. Die Verarbeitungsqualität ist recht gut – gehobenes Spielzeugniveau – doch die Bedruckung auf dem blauen Gehäuse ist lausig. Der 1200mAh LiIo-Akku lässt sich sehr schwer einsetzen und man riskiert die Kontakte zu beschädigen oder die Abdeckung des Gehäuses. Das Gehäuse gibt es übrigens nicht nur in blau, sondern auch in rot, anthrazit und mit militärischem Tarnanstrich.

Die beiden separaten Antennen für 2m und 70cm sind natürlich ein Witz. Die Ingenieure haben es offenbar nicht fertig gebracht, eine billige Kombiantenne zu bauen. Die Ladebucht ist ebenfalls ein Witz. Nur eine Ablage für das Gerät und ein Lader für die separate Batterie. Dafür kann man den Stecker des Netzgerätes direkt ans Gerät stecken um aufzuladen. Es empfiehlt sich sowieso nicht, dauern den Akku rauszunehmen. Die Kontakte und die Batteriefach-Verriegelung sind zu fragil. Das Handbuch habe ich bereits erwähnt und zum restlichen Zubehör schweigt des Sängers Höflichkeit.

Doch das USB-Kabel funzt. Dafür die Software auf der CD nicht. ich kann nämlich kein Chinesisch. Doch Gott sei Dank gibt es die SW auch in Englisch  im Web.

Damit ging das Programmieren ruckzuck, zackzack. Frequenzen und Relaisablage, High oder Low Power, CTCSS etc. sind im Nu in eine Tabelle gefüllt und werden auf Knopfdruck in das Gerät geschaufelt…oder auch zurück, wenn nötig.

Schnell noch zum Funkmessplatz und da kommt der Schreck: bei 2m Betrieb wird die Oberwelle auf 288 MHz nur 27 dB gedämpft, wenn man an der Antennenbuchse misst. 70cm ist in Ordnung. Glücklicherweise sieht es mit Antenne besser aus und das Gerät liegt im grünen Bereich, sonst wäre das Teil unbrauchbar. In Ordnung ist das nicht, und das CE Zeichen Beschiss. Aber wir wissen ja, was CE heißt: China Export! Werde wohl den Patienten notoperieren müssen :-) Wer weiß, vielleicht liegt hier das Geheimnis der zwei Antennen begraben: es könnte sein, dass man die Oberwellen mit einer Kombiantenne nicht in den Griff bekommen hätte.

Die Sendeleitung habe ich auf 2m mit 1.7Watt und auf 70cm mit 2W gemessen. natürlich nicht ERP, sondern an der Antennenbuchse. Im Gegensatz zum Wouxun übrigens eine richtige SMA-Buchse. Die Empfindlichkeit ist leider nicht so gut und bei meinem Gerät ca. 6 dB schlechter als spezifiziert. Somit ist das Baofeng nur halb so empfindlich wie mein uraltes Yaesu FT-11.

Hier noch die Broschüre zum Gerät, das Händlern als OEM-Produkt angeboten wird.

Mein vorläufiges Fazit: Durchaus brauchbar und für den Preis unschlagbar, sofern das Oberwellenproblem auf 2m beseitigt wird. Sonst darf man es nicht an einer externen Antenne betreiben. Das Teil hat aber alles, was man so braucht und genügt für die meisten Anwendungen.

73 de Anton

Das Baofeng gibts auch bei Thiecom für 75 Euronen. Hoffentlich ohne Oberwellenproblem.

Nachtrag: Modifikation zur besseren Dämpfung der Oberwellen.