Tagesarchiv: 19. Oktober 2012

Lost in Split

Wenn wir ein Problem haben, so suchen wir oft am falschen Ort. Meistens bei anderen, dabei liegt die Ursache häufig bei uns selbst.

Gestern hörte ich der Expedition 3B9SP auf Rodriguez Island zu, zuerst auf 20m SSB, dann auf 30m CW, wo ich sie dann auch rief. Man kann ja den Jagd- und Sammeltrieb nicht dauernd unterdrücken :-)

Aber ich bin normalerweise kein DX-Jäger und musste zuerst wieder herausfinden, wie Splitbetrieb auf dem Transceiver funktioniert. Was in der Folge zu einer ganzen Reihe technischer Probleme führte. Doch zuerst noch ein paar Gedanken zum Expeditionswesen:

Die Operateure gingen es recht gemütlich an, was sofort zu bissigen Bemerkungen auf dem Cluster führte. Ich wäre noch viel langsamer gewesen, denn im Pile-up zu fischen, dazu gehört viel Erfahrung. DX-Peditionär ist eigentlich eine undankbare Aufgabe. Da rackert man sich auf einer Insel ab, anstatt das exotische Paradies zu geniessen und erntet nichts als Undank von einer Meute, die zuweilen an einen Lynchmob erinnert.

Diese Jagdmeute führte sich genauso auf, wie die Jäger in unserem Wald, die ich aus der Sicht des Pilzsammlers kenne. Wenn die Blut gerochen haben, kennen sie nichts mehr, brüllen wie die Verrückten im Wald herum und schiessen auf alles, was sich bewegt. Darum passieren auch jedes Jahr entsprechende Unfälle. Mal schiessen sie einen Dachdecker vom Dach oder knallen einen Jogger ab, dieses Jahr hat‘s einen Bauer im Maisfeld erwischt. Die Jäger hielten den armen Kerl für ein Wildschwein, dabei wollte er nur seinen Hanf ernten, der mitten im Maisfeld stand. Doch glücklicherweise dezimieren sich die Jäger gegenseitig oder schiessen sich im Jagdrausch ins eigene Bein. Vermutlich beherrschen sie ihre Flinten nicht ganz.

Genauso wie viele Funker ihre Transceiver nicht einwandfrei bedienen können – mich eingeschlossen. Inzwischen verstehe ich übrigens die „Falschparker“ gut, die anstatt Split, auf der Sendefrequenz der DX-Station rufen. Ich denke, das kann jedem Neuling mal passieren.

Doch jetzt zu des Pudels Kern. Mein Splitbetrieb als Neujäger hat mir gezeigt, dass es vielleicht besser wäre, meine Lizenz zurückzugeben. Und das kam folgendermassen:

Heute morgen funktionierte mein Linear plötzlich nicht mehr. Das heisst, er ging nur noch auf 30m und mit einem ungewöhnlichen Abstimmverhalten auch noch auf 20. Auf den restlichen Bändern lieferte er keinen Output. „Komisch“, dachte ich, „da muss was im Tankkreis kaputt sein, vielleicht habe ich ihn gestern etwas überfordert.“

Ich erinnerte mich daran, ihn anstatt mit 50, kurz mit 100W gekitzelt zu haben. Also Gehäuse weg und reingeguckt. Zu sehen war natürlich nichts Aussergewöhnliches. Die Röhren brannten, keine Brandspuren nirgendwo.

Das Teil wurde vom Netz gezogen, die Hochspannung entladen, ich bin ja meistens ein vorsichtiger Mensch. Und dann mit dem LC-Meter auf den Tankkreis. Alle Kapazitäten taten so, wie sie sollten. Auch der Koppelkondensator, den ich am meisten verdächtigte, war in Ordnung.

„Dann sind es also die China-Röhren“, dachte ich. Der Mörder ist ja immer der Gärtner. „Hat vielleicht Albi doch Recht, wenn er meint, man solle nur Svetlana kaufen?“

Rasch wurden die Röhren gegen ein neues Set getauscht. Doch der Patient war immer noch halbtot. Vielleicht lag das Problem gar nicht am Linear? Vielleicht war der Transceiver kaputt und sendete immer nur auf 30m, gleich welches Band eingestellt war? Meine technische Fantasie entwickelte die unglaublichsten Szenarien. Zu meiner Entschuldigung kann ich lediglich bemerken, dass ich zu diesem Zeitpunkt meinen Morgenkaffee noch nicht intus hatte.

Glücklicherweise hat der OM für alles und jedes einen „Backup“ parat. Ein anderer Transceiver wurde angeschlossen und siehe da, jetzt war der Patient wieder putzmunter. „Also doch“, dachte ich, „jetzt hast du es endlich fertig gebracht und den Pro3 abgeschossen, gewissermassen zu Tode modifiziert.“

In diesem tristen Augenblick entdeckte mein müdes Morgenauge ein kleines rotes „split“ auf dem LCD-Schirm. Der Fehler war gefunden. Ich drückte auf einen Knopf und alles war wieder, wie es sein sollte.

Vielleicht sollte ich daran denken, meine Lizenz zurück zu geben.

73 de Anton