Schatz, du kannst mich tracken

Experimentalfunkdienst bedeutet, an der Grenze des Möglichen zu funken. Die QRPeter tun das, auch die EMEler und die Tropojäger auf UHF, sowie viele andere auch. Das ist Amateurfunk, so wie ihn die Gründer in den Anfangszeiten verstanden haben, als sie aus den langen Wellen verbannt wurden auf die angeblich nutzlosen Wellen unter 200m.

Auch die Erschliessung neuer Kommunikationsarten und Möglichkeiten gehört zum experimentellen Charakter des Amateurfunkdienstes. In der guten alten Zeit waren denn auch die Amateure oft die Pioniere, den kommerziellen Diensten voraus und Schrittmacher.

Heute scheint es mir, ist es oft umgekehrt. Wir äffen nach, was die Kommerziellen vormachen. Dieser Gedanke schoss mir auch durch den Kopf, als ich kürzlich die neue APRS Seite der USKA betrachtete. Technik von Gestern, ähnlich Steampunk, wird da benutzt und man fragt sich, ob hier der Begriff Dampfradio nicht eine neue Bedeutung bekommt.

Doch richtig lustig wird es, wenn man die Anwendungen dieser Spielart liest:

Email und Kurznachrichten stehen da unter anderem. Wer hätte das gedacht, das ist ja mal was ganz Neues!

Verfolgen der aktuellen Wetterlage scheint ein weiteres Anliegen zu sein. Das stammt vermutlich noch aus einer Vor-Kachelmann-Zeit, als das amtliche Wetter mittags um Zwölf am Radio verlesen wurde.

Zielfindung soll eine weitere Anwendung von APRS sein. Hilfe, mein GPS hat mich auf’s Bahngleis gelotst! Nun muss APRS ran. Ups, hatte ganz vergessen, dass sich APRS auch auf GPS stützt. Da beisst sich wohl die Katze in den Schwanz.

Von all dem Zeug, das da steht, hat mich aber eine Anwendung aus den Socken gehauen. Steht doch da tatsächlich:

Tracken z.B. von einem Fahrzeug im Internet (Frau sieht, wie lange es noch dauert bis der Mann zu Hause ist)

Ob der ARPS-Mann auch seine Frau beim Einkaufen tracken kann? Bei den APRS-Jüngern scheint es sich ja um wahre Kontrollfreaks zu handeln. Orwell last grüssen.

Natürlich musste ich das sofort nachvollziehen. Also habe ich morgens mal auf die APRS Karte geguckt, und siehe da. Da waren tatsächlich ein paar Öhmer unterwegs und man konnte ihre Fahrt verfolgen, wenn man die Geduld aufbrachte. Einige scheinen einen verdammt langen Arbeitsweg zu haben.

Selbstverständlich muss man nicht Funkamateur sein, um die APRS-Karte einzusehen und die paar Hanseln zu verfolgen, die sich da tracken lassen. Die ganze Welt kann also zusehen, wie OM Waldheini von A nach B fährt. Eine neue Art des Exhibitionismus? Ich frage mich, was ich rauchen müsste, um mich freiwillig tracken zu lassen.

Nun denkt ihr vielleicht: typisch Anton, er lässt mal wieder keinen guten Faden an einem Spiel, das er nicht selbst spielt.

Dieser Eindruck täuscht. Hiermit oute ich mich nicht nur als Steampunk-Fan, sondern auch als begeisterer Benutzer von APRS. Denn eine Funktion, gewissermassen ein Abfallprodukt von APRS, wird auf der USKA-Seite leider nicht erwähnt.

Bei Mountain Lake findet man eine Echtzeitkarte, die aufgrund der APRS Daten die aktuellen Tropobedingungen auf UKW darstellt. Man sieht dort, wo gerade Überreicheiten herrschen. Das ist ein fantastisches Instrument und ich habe es auch in den letzten Tagen benutzt. Denn die Inversionslage hat es auch mir ermöglicht, gewissermassen aus dem Tal heraus und mit bescheidenen Mitteln, Stationen in Norddeutschland, Tschechien, Österreich, Holland, England und der Normandie zu arbeiten. Auf 23cm notabene. Nicht zuletzt Dank APRS.

73 de Anton , der übrigens auch ein fleissiger Benutzer eines Gerätes mit dem pösen, pösen B-Wort ist ;-)

Bild: Steinzeit-Tracking. “Ich war da”-Hügel am Polarkreis

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