Bye Bye Sottens

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Gestern wurde der 188m hohe Hauptmast des Mittelwellensenders in Sottens gesprengt (765kHz). Weniger dramatisch aber mit gleichem Resultat wird es in ein paar Jahren den UKW FM Antennen gehen. Natürlich wird man sie nicht sprengen, sondern einfach abmontieren. Dann bleibt nur noch DAB+. 

Hier ein Video der Sprengung des Mastes.

Der Mast im Hintergrund ist der Reservemast. Er ist 125m hoch und ich habe ihn nach dem Abschalten des Senders unter HE3OM auf 136 kHz “aktivieren” dürfen.

Damals hat eine zweite Equipe auch den Hauptmast auf Kurzwelle in Betrieb genommen. Hier ein Video des Mastes, als es ihm noch besser ging ;-) Man beachte den Sound am Ende des Films! Er erinnert an die Kriegszeiten, als die Mittelwellensender Beromünster, Sottens und Monte Ceneri eine wichtige Rolle spielten.

Hier zur Erinnerung nun eine Reihe von Bildern aus Sottens, die ich vor drei Jahren gemacht habe:

Mein Shack

Reservemast 125m, wurde durch HE9OM als Langwellenantenne benutzt. Dieser Mast bleibt als Denkmal vorläufig stehen und wurde nicht gesprengt. Darunter die Hütte mit der Antennenanpassung, die ich damals als Shack verwendete.

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Hier nochmals aus einer anderen Perspektive. Alle vier Füsse stehen auf Isolatoren. Sie sind mit Messerschaltern kurzgeschlossen, die zum Betrieb mit einer langen Isolierstange geöffnet werden müssen. Die Speisung des Mastes erfolgt über die V-förmigen Drähte aus dem Shack.

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Im obigen ist der 125m Reservemast in seiner vollen Grösse zu sehen. Er steht in der Nähe des Sendegebäudes.

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Und hier nun der 188m grosse Hauptmast, der gestern gesprengt wurde. Er stand ca. 500m entfernt auf einem Hügel. Im Gegensatz zum Reservemast, der als GP benutzt wurde, wurden hier parallel geschaltete Dipole gespeist, die von der Spitze gegen Erde gespannt waren und den Mast wie einen Käfig umgaben. Der Mast selbst wurde als strahlungsgekoppeltes λ/2 Element mitbenutzt und war geerdet.

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Hier ist der Hauptmast vom Reservemast aus in der Abenddämmerung zu sehen.

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Auch der Hauptmast verfügte über einen Shack, in dem die Anpassung untergebracht war. Zu sehen sind auch die Drähte der Dipole.

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In seinem Innern führte eine Koaxialleitung hinauf zum Speisepunkt der Dipole in der Mitte. Links davon der Aufstieg für die Servicetechniker. 

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Im Innern des Shacks des Hauptmastes. Zu sehen ist Kurt, HB9AFI, beim Arbeiten an der Kurzwellenstation. Die Anpassung dieser Antenne auf die Kurzwellenbänder bereitete einiges Kopfzerbrechen.

2011.02.04_Traffic_137K_1.8M_0010_redimensionnerZurück zum kleinen 125m Mast, der glücklicherweise erhalten bleibt. Hier ist das Variometer zu sehen, das für die Anpassung des Mittelwellensenders gebraucht wurde.

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Und hier noch die Kondensatorenbänke dazu. Für die Versuche auf Langwelle 136 kHz waren unsere Anpassmittel wesentlich bescheidener. In der nächsten Aufnahme ist links im Bild unsere Variometer zu sehen:

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Es musste maximal 1kW standhalten. Wer gerne etwas über die damaligen Versuche nachlesen möchte, dem kann ich die folgenden Artikel empfehlen:

Teil 1

Teil 2

Für mich war Sottens das grösste Abenteuer in meinem Funkerleben und ich bin dankbar, dass ich ein Stück Amateurfunkgeschichte “mitschreiben” durfte. Hier noch ein paar weitere Erinnerungsbilder:

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 Variometer und Kondensatoren im Shack beim Reservemast

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Über diese Drossel wird der Strom für die Mastbeleuchtung hochgeführt. Sie ist geerdet und wird durften sie nicht entfernen. Für Langwelle war ihre Induktivität zu klein und wir mussten eine Lösung finden, damit unsere 136 kHz nicht nach Erde kurzgeschlossen wurden.

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Hier ist die Lösung: Die Drossel wurde mit Kondensatoren zu einem Sperrkreis für 136 kHz umfunktioniert!

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Anton an der Langwellenstation von HE3OM. 

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Ein Blick hoch in den Mast. Es schneit!

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Unser Signal auf der anderen Seite des Atlantiks.

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 73 de Anton

5 Antworten zu “Bye Bye Sottens

  1. Und wieder wurde ein Stück Geschichte dem Erdboden gleich gemacht…
    Eigentlich eine Schande, wenn man bedenkt, wieviel Geld für irgendwelchen Blödsinn ausgegeben wird. Hier sollte dringend angesetzt werden und die verbleibenden Masten und Sender unter Denkmalschutz gestellt werden.
    Zudem “freue” ich mich auf den Moment, in dem bemerkt wird, dass alle anderen Kommunikationsmittel versagen und man doch besser ein paar Mittelwellensender betriebstüchtig erhalten hätte…

  2. Hallo,

    Tolle Fotos. Aber ich gebe meinen Vorschreiber recht. Es ist kurzsichtig. Aber leider ist es bei uns in DL leider nicht anders. Zum Jahresende 2014 sollen alle LW und MW-Sender in DL ab geschaltet werden. Warum? Die Kosten sollen es sein und wo für sollen wir die erhalten wir haben doch die Sender im Internet. Schwachfug..

    Vy 73 Michael (DD4MB)

  3. In der Tat ein ganz trauriges Kapitel, das wir schon in Beromünster miterleben durften. Obwohl dort durchaus sinnvolle Verwendungsmöglichkeiten für den zweiten Sendemast bestanden, musste dieser auch gesprengt werden. Statt in der historisch sehr bedeutsamen Anlage ein vernünftiges Museum einzurichten, wurde dort ein “Künstler” einquartiert. Der gleiche Unsinn passierte mit dem HBG-Sender in Prangins und den Sendern in Schwarzenburg und Sarnen. Weitere, unrühmliche Beispiele werden folgen, bis auch die letzten, stolzen Antennen noch beseitigt sind und die gesamte Kommunikation mit wenigen Handgriffen stillgelegt werden kann. Die Internet- und Digitalradio-Gläubigkeit der Verantwortlichen kennt wirklich keine Grenzen und mir kommt jeweils die Galle hoch, wenn wieder irgend einer von SRG oder Swisscom die Vorzüge dieser Medien in den höchsten Tönen preist. Die scheinen einfach nicht zu sehen, dass für den Betrieb dieser Kommunikationsmittel eine hoch komplexe und dementsprechend störungsanfällige Infrastruktur nötig ist. Was den terrestrischen Empfang anbelangt, so kann man heute wirklich für das Ausland sagen “la Suisse – elle n’existe pas!”. Das provokante Motto der Schweizer Vorstellung an der Weltausstellung in Sevilla 1992 hat sich also in unerwarteter Weise bestätigt. Und Satellitenempfang von Schweizer Sendern im Ausland funktioniert ja bekanntlich wegen des Urheberrechtsterrors aus den USA auch nur noch mit Entschlüsselungskarte.

    Das Vorgehen hat durchaus Methode. Mit dem DAB-Volksempfänger und leicht manipulierbarem Internet können Vater Staat und andere Interessengruppen sehr genau einschränken, was der Bürger noch an Informationen beschaffen kann. Der DAB-Empfang hört in der Regel an den Landesgrenzen auf. Im Zeitalter des analogen Rundfunks waren solche Einschränkungen viel schwieriger, die mit grossem Aufwand betriebenen “Jammer” vermochten grenzüberschreitenden Empfang nicht zu verhindern. Dazu werden dem Bürger die Ohren mit unsinnigen Antennenverboten abgeschnitten. Die kleinen Fürsten in den Gemeinden sorgen in unheiliger Allianz mit den Strahlungshysterikern unter Berufung auf den Ortsbildschutz dafür, dass in Wohnzonen keine Antennen mehr erstellt werden dürfen. Selbst kleinste Drahtantennen werden heute in gewissen, besonders “besorgten” Gemeinden unter Berufung auf Ortsbildschutz und mangelhafte Einordnung verboten. Dazu kommt die Wirtschaft, die mit ihrem billigen Elektronikmüll einen Störnebel produziert, der einen Empfang im Lang-, Mittel- und Kurzwellenbereich stellenweise verunmöglicht. Mit viel Lobbying wurden die massgebenden Störgrenzwerte so hoch angesetzt, dass man heute praktisch jeden Müll produzieren und verkaufen kann. Diese Kreise haben natürlich alles Interesse daran, dass die Grundversorgung aus den tiefen Wellenbereichen entfernt wird, man kann damit nicht nur neue Geräte verkaufen, sondern schützt sich auch vor unliebsamen Eingriffen der Behörden, wenn wieder mal ein störendes Gerät den Empfang der früheren Grundversorgung des analogen Rundfunks versaute. Um diese wertvolle Ressource des elektromagnetischen Spektrums kümmert sich leider keine Umweltbehörde, dafür werden wir mit unseren Autos schikaniert, wenn die Abgaswerte nicht akribisch genau stimmen. Aber wen wundern solche Zustände, wenn sich gewisse Verhinderungs- und Demontage-Politiker nur noch mit “Selfies” in den “social medias” profilieren können, statt sich um die Erhaltung der Infrastruktur im Land zu kümmern und die sinnvolle Arbeit zu leisten, für die sie eigentlich mal gewählt worden sind?

    73 de Markus, HB9AZT

  4. Ja MArkus, da hast Du völlig recht. In DL ist das nicht anders. Während ich diese Zeilen schreibe, wird keine 20km von mir entfernt die Sendestelle Wertachtal dem Erdboden gleichgemacht. Den Stahl der Masten braucht man jetzt für wichtigere Dinge, womöglich für Kanonen, Panzer oder Gewehrläufe, Dinge mit denen sich eben viel Geld verdienen lässt. Geld ist ja heutzutage alles, was zählt.

  5. Hallo zusammen,

    (technik-)kulturgeschichtlich gebe ich Euch zu 100% Recht, wenn Ihr den Abbau der Mittelwellensender und -antennen beklagt.

    ABER:

    (1.) Über Mittelwelle würde man in Katastrophenfällen bereits heute nur noch geringe Anteile der Gesamtbevölkerung erreichen, da viele moderne Radioempfänger gar keinen MW-Teil mehr haben und -falls doch- die jüngeren Benutzer damit gar nichts anfangen könnten, wenn es hieße “Bitte schalten Sie Ihr Radio auf 936kHz ein.”

    Und (2.) kann man aus Kostengründen sicher auch nicht alle KW-, MW-, LW-Sender erhalten. Dazu sind die Hörerkreise dann wohl doch zu klein.

    Die Betonung liegt auf NICHT ALLE! Meiner Meinung sollte man (a) mindestens einige leistungsfähige KW-Sender als “Backup” betriebsbereit halten, um ggf. im Ausland befindliche Landsleute bei starken Beeinträchtigungen der sonstigen nachrichtentechnischen Infrastruktur (Naturkatastrophen, Blockaden durch totalitäre Regime etc.) informiert halten zu können.

    Und (b) müssen unbedingt einige exemplarische Sender unter Denkmalschutz gestellt werden, genauso wie man es mit industriellen Anlagen der letzten beiden Jahrunderte getan hat. Sie sind tatsächlich erhaltenswerte technische Denkmäler. Mit Maximalforderungen kommen wir da nicht weiter. Man hat ja auch nicht sämtliche Dampflokomotiven vor der Verschrottung bewahrt, nur weil ein paar Nostalgiker sie so schön finden. Trotzdem fahren davon immer noch einige in Museumsbahnen und das vielleicht auch noch in 100 Jahren.

    Ich könnte mir vorstellen, dass Funkamateure sogar dazu beitragen können, indem eine von den Amateurfunkverbänden unterstützte Stiftung gegründet wird und sie als ehrenamtliche Mitarbeiter die Sender warten und sie auf unseren Bändern wieder “in die Luft” bringen.

    vy 73 de Thorsten
    DL3BC

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