TS-590S ein Problembär?

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Schon lange habe ich nicht mehr an einem neuen Gerät herumgeschraubt und damit die Garantie verwirkt. Höchste Zeit, dass wieder eine neue Kiste ins Haus kommt.

Zurzeit habe ich den TS-590 im Visier. Dieser Transceiver hat ein unschlagbares Preis/Leistungsverhältnis, einen sehr guten Empfänger, nicht zuletzt auch für 136kHz und 472kHz und ist solide aufgebaut und dokumentiert.

Trotzdem ist er nicht unumstritten, wenn man in die Tiefen des Internets eintaucht. Und genau das ist der Punkt, der mich reizt.

Es gibt, wenn ich das richtig verstanden habe, zwei Probleme, die vermutlich zusammenhängen.

Erstens ein Überschwingen der ALC. Diese reagiert um Millisekunden verzögert, so dass bei jedem neuen Einsetzen die Endstufe voll aussteuert und einen kurzen Impuls hoher Leistung abgibt. Zum Beispiel 200W anstatt 100W. Das mögen die Schutzschaltungen einiger Linearverstärker gar nicht und sie schlagen Alarm.

Wer aber nur barfuss unterwegs ist, oder eine einfache Röhren-PA benutzt, der bemerkt davon nichts. Dieses verzögerte Einsetzen der ALC ist übrigens nicht nur ein Problem des TS-590, auch andere “moderne” Transceiver “leiden” darunter.

Ehrlich gesagt, interessiert mich dieser Overshoot nicht besonders. Aber im Zusammenhang mit dem TS-590 liest man noch von einem

zweiten Problem: Auf SSB soll er schwach auf der Brust sein*.

“Nein!” schreit da manch ein Kenwoodianer, “Das stimmt nicht, ihr müsst nur richtig messen und dazu ein richtiges PEP-Wattmeter benutzen. Einer hat dazu sogar ein Video gedreht.

Leider hat er, wie viele andere, den Unterschied zwischen PEP und durchschnittlicher Ausgangsleistung nicht kapiert.

Nicht so Olivier F4AHK. Hier misst er die durchschnittliche Ausgangsleistung (Talk Power) eines TS-590 vor seiner Modifikation. Und hier, nachdem er den TS-590 modifiziert hat.

Also nix PEP. Um festzustellen ob ein Transceiver Punch hat, reicht sogar ein CB-Meter. Da pendelt zum Beispiel beim Besprechen eines Jaesus-Gerätes die Nadel so um die 30W und mit einer anderen Kiste bewegt sie sich kaum vom Fleck. Trotzdem zeigen beide Geräte 100W Spitzenleistung auf einem PEP-Meter. Quizfrage: Mit welchem Gerät erhält man die besseren Rapporte?

Einige OM haben wegen dieser Schwäche im Abgleichmenü des TS-590 rumgefummelt. Zum Beispiel einfach die ALC-Einstellung raufgeschraubt etc. Darum würde ich auch nie einen gebrauchten TS-590 kaufen. Wenn das Abgleichmenu verstellt ist, dann gute Nacht. Wer nicht ein bestens ausgerüstetes Labor sein Eigen nennt, muss die Kiste an “Ken im Wald” zurückschicken.

Interessanterweise haben zwei OM, ein Deutscher und ein Norweger, Tipps zur Änderung des ALC-Werts im Abgleichmenü wieder von ihrer Webseite verschwinden lassen :-)

Denn nur am Menü rumzubasteln und einfach die ALC hochzudrehen, ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Schliesslich hat es nicht nur Software in so einer Kiste, sondern jede Menge Hardware. Genau dort setzt Olivier den Hobel an. Natürlich verrät uns der Schlaumeier seine Tricks nicht. Und ehrlich gesagt, würde ich ihm auch kein Gerät zur Modifikation überlassen. Nicht weil ich an seinen technischen Fähigkeiten zweifle, sondern weil er kürzlich pleite gegangen ist, wie man in französischen Foren lesen kann.

Doch zurück zum TS-590S. Heute verwenden alle neuen 100W Transceiver die gleichen Transistoren in der Endstufe, nämlich zwei Stück RD100HHF in Gegentaktschaltung. AB-Betrieb natürlich. Das sind sehr robuste Kerle: Einer allein schafft bereits gute 100W. Man könnte also 200W aus diesen Endstufen herauswinden. Interessant wird es aber, wenn man den eingestellten Ruhestrom betrachtet: Während ICOM und Yaesu den Beiden je 1A spendieren, macht es Kenwood mit 700mA. Doch Kenwood hat auch die Treiberstufe anders ausgelegt als die Konkurrenz. Während bei dieser der Treiber ebenfalls eine Gegentaktstufe ist (2x RD15HVF bei ICOM und 2x RD16HHF bei Yaesu) benutzt Kenwood im TS-590 einen einzigen RD15HVF – gezwungenermassen natürlich im A-Betrieb. Dazu muss der arme Kerl ein ganzes Ampere Ruhestrom saufen und alleine die Leistung liefern um die Endstufe auszusteuern.

Was ich damit sagen will: Die Endstufe des TS-590 unterscheidet sich wesentlich von den Endstufen der Konkurrenz, wobei alle mit den gleichen Transistoren kochen.  Das könnte einer der Gründe für den mangelnden Punch sein.

Wie dem auch sei: Ich denke, dass man aus dem TS-590 viel mehr herausholen kann. Aber nicht einfach durch herumschrauben am Abgleich-Menu. Hardware heisst das Stichwort. Und das ist etwas, was die Ingenieure leider nicht per Soft-Update verbessern können. Dazu braucht es einen Lötkolben.

Doch wie hat einer kürzlich in einem Forum geschrieben: “Meine Geräte sind alle Jungfrauen. Wenn ich ein neues Auto kaufe, mache ich auch nicht die Haube auf und schraube am Motor, sobald ich zu Hause bin.”

Und ein anderer meinte: “Da hat eine ganze Entwicklungsabteilung jahrelang daran gearbeitet, und jetzt kommt ein OM daher und sagt: das kann man noch besser machen.”

Mich würden eure Erfahrungen mit dem TS-590 interessieren, liebe Leser!

73 de Anton

Bild: Trio Begali. Blade, Spark, Camelback

* Das Kind hat viele Namen: Niedriges PAR (Peak Average Ratio), schwache (dünne) Modulation, wenig Talk Power, mangelnder Punch

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