Die “Geheimwaffe”, von Markus HB9AZT

Aktive, geschirmte Magnetloop – neue Geheimwaffe gegen „man made noise“?

An meinem Heim-QTH kämpfe ich gegen zunehmenden Noise aus Elektroschrott übelster Sorte. Neben unzähligen Schaltnetzteilen, Fernsehern, automatischen Rasenmähern und Computern sorgt eine nachbarliche Wasserenthärtungsanlage nach dem Esoterik-Prinzip (der Kalk im Leitungswasser soll angeblich durch HF eliminiert werden) auf 80m in einzelnen Bereichen für einen Noise-Pegel von S9+20 dB. Die Anlage vom Typ „Argonit“ ist zwar mit CE-Kleber versehen, aber Betreiber und Importeur  foutieren sich um den Störpegel , den ihr Schrott produziert. Das ganze Erdnetz ist verseucht, weil die Wasserleitungen aus Metall natürlich die HF-Störstrahlung der Enthärtungsanlage im ganzen Quartier verbreiten. Da wird wohl nur ein Bakom-Besuch mit grossem Seitenschneider beim Nachbarn nachhaltig Linderung verschaffen können.

Bild Störstrahlung auf 80m, verursacht durch Wasserenthärtungsanlage ARGONIT, ab 300 kHz ist ca. alle 240 kHz  über den ganzen KW-Bereich ein solches Spektrum anzutreffen:

Ich habe zwar das grosse Glück und  unglaubliche Privileg, auf meine Remote-Standorte zurückgreifen zu können, wo ich einen glasklaren und ungestörten Empfang geniessen kann. Dennoch möchte man auch zuhause mal den einen oder anderen RX testen oder betreiben können. Die Neugierde trieb mich deshalb unlängst dazu, von qrp-project.de den Bausatz für eine Aktiv-Loop-Antenne  zu bestellen und im heimischen Bastelkeller zusammenzubraten. Lange Zeit lag der vollendete Bausatz dann unbenützt in der Ecke. Dazu beigetragen haben meine bisher eher schlechten Erfahrungen mit Aktiv-Antennen, die sich meistens als luftgekühlte, taube Dummyloads oder Intermodulationsgeneratoren erwiesen, selbst wenn sie aus sehr edlem und teurem Hause stammten. Auch den konventionellen Magnetloops konnte ich bisher nicht viel abgewinnen, die Notwendigkeit, das vorhandene C dauernd nachzustimmen, schliesst einen breitbandigen und unkomplizierten Empfang aus. Ohne viel Hoffnung knöpfte ich mir deshalb an einem langweiligen Regensonntag den Bausatz nochmals vor und suchte im Bastelkeller nach dem nötigen Material, um die Aktiv-Loop fertigzustellen. Erste Versuche mit drei Windungen RG58 auf 2m langen Kunststoff-Elektro-Rohren brachten leider kein brauchbares Resultat, wieder nur ein Dummyload… Mit der nächsten, kampfwertgesteigerten Version wurde das RG58 durch RG213 ersetzt, gleichzeitig wichen die instabilen Kunststoffröhrchen   zwei  stabilen Dachlatten von 2.5 Länge, die fein säuberlich in der Mitte ausgefräst und als Kreuz zusammengeschraubt wurden. Auf diese „fromme“ Konstruktion passten 7.5m RG 213, bei dem in der Mitte die Abschirmung aufgetrennt und mit Schrumpfschlauch wieder versiegelt wurde. Die beiden Enden des Koaxkabels werden mit PL259-Steckern versehen und am Verstärkgergehäuse unten an der Loop angeschlossen. Die eine Buchse verbindet die Seele mit dem Mantel des Koax, die andere Buchse führt auf den Eingang des Verstärkers. Erste Versuche mit dieser an ein Gebüsch gelehnten Antenne verliefen derart vielversprechend, dass ich beschloss, das Provisorium etwas dauerhafter zu gestalten. Wichtig für die gute Funktion dieser Antenne scheint ein möglichst verlustarmer Aufbau des eigentlichen Loops zu sein.  In der hintersten Ecke des Gartens, ausserhalb des unmittelbaren Sicht- und Kontrollbereiches der antennenkritischen XYL, wurde ein Pfahl in den Boden gerammt und dort die Antenne ca. 1.5m über dem Boden montiert. Endlich diente unser sinnlos grosser Garten, der sonst ausschliesslich zur Produktion von Unmengen an Unkraut, unverschämten Gärtner-Rechnungen und zur Beschäftigung des Hobby-Hauswarts gut ist, einem vernünftigen Zweck ;-)

Die Erfahrungen mit dieser aktiven, geschirmten und nicht resonanten Magnetloop sind überwältigend. Meine Skepsis gegenüber Aktiv-Antennen wich zunehmender Begeisterung über die Leistungsfähigkeit dieses eigentlich sehr bescheidenen Systems. Auch die Kracher auf 160 und 80m sind stark reduziert gegenüber längeren Drähten. Endlich ist von Lang- bis Kurzwelle wieder ein vernünftiger Empfang möglich. Weil die Antenne vorwiegend das H-Feld empfängt, werden Störungen durch die Lust- und Jubelelektronik massiv reduziert. Selbst der USKA-Bandwächter benützt immer wieder mal meine Aktiv-Antenne, um die neusten Störer  auf den HF-Bändern über meinen Remote-Perseus aufzuspüren. Der Bausatz von QRP-Project besteht aus einem Steuergerät, das die Fernspeisung des Verstärkers übernimmt und gleichzeitig im Sendefall die Umschaltung auf eine konventionelle Antenne vornimmt. Leider erträgt das Steuergerät maximal ca. 30-40 Watt Sendeleistung. Da ich das Leben für QRP zu kurz  finde, benutze ich die Einrichtung ausschliesslich für den Empfang. In einem wetterfesten Gehäuse am Fuss der Loop sitzt die wichtigste Komponente des Systems, ein zweistufiger 24 dB-Norton Verstärker, welcher die schwachen Signale der Loop verstärken und dabei möglichst wenig Intermodulation  erzeugen soll. Details zur Elektronik gibt’s hier.  Die grossen Masse für den Loop habe ich absichtlich gewählt, um auch auf den tiefen Frequenzen genug Gain zu haben.  Dafür handle ich mir auf den höheren Bändern das eine oder andere Intermodulationsprodukt ein, aber damit kann ich gut leben.  Das System hat sich bewährt und kann absolut mit der viel teureren ALA1530 von Wellbrook mithalten. Dank der zahlreichen Remote-Perseus mit Wellbrook-Antenne sind interessante Vergleiche der Signalstärken möglich. Die Umschaltung zwischen Draht-Antenne und Loop zeigt immer wieder, dass zwar die Signale der Loop etwas schwächer sind, aber gleichzeitig das Signal/Noise-Verhältnis viel besser ist. Nun begreife ich auch, warum früher viele kommerzielle Stationen für den Empfang solche Loops eingesetzt haben. Das System ist zudem sehr breitbandig und im Gegensatz zu Drähten nur wenig frequenz-selektiv. Ein Vergleich mit Beams an meinen Höhenstandorten zeigt die Leistungsfähigkeit dieser Antenne, die Signale auf dem Berg sind oft nur ca. 2-3 S-Stufen lauter als auf der Loop. Nicht auszudenken, was man mit einer solchen Antenne an einem wirklich guten QTH empfangen kann! Diese Erfahrungen haben mich veranlasst, weitere Versuche mit solchen Loops zu starten, bereits liegt ein Verstärker für eine HDLA-Loop (www.activeloop.de) auf dem Tisch und wartet auf einen Vergleich.  Bald wird im Appenzell ein schöner Standort in Betrieb genommen, wo man noise-geschädigte Empfänger in die Kur schicken kann, damit sie wieder mal ein sauberes Spektrum hören. Der Standort hat Glasfaser-Anbindung und liegt “in the middle of nowhere” – also ein idealer Standort für remote betriebene Empfänger. Interessante Vergleiche zwischen HDLA und ALA1530 finden sich auf www.fenu-radio.ch, bemerkenswert, was dieser SWL alles an Erfahrungen über Empfänger und Antennen auf seiner Seite zusammengetragen hat!

Das erste Bild zeigt den Perseus mit Drahtantenne (Doublett 2×15.75m), der helle Schleier im Bild ist breitbandiger Noise, die waagrechten Striche sind QRN (Gewitterfront). Das zweite Bild zeigt den gleichen Empfangsbereich mit der Loop.

Eine solche Loop ist als Empfangsantenne durchaus eine interessante Alternative. Viele moderne Transceiver verfügen ja über einen separaten, meist brach liegenden Empfängereingang, an dem eine solche Antenne angeschlossen werden kann.

Versuche lohnen sich also und werden zeigen, dass man den lästigen Noise durchaus wieder auf ein erträgliches Mass reduzieren kann. Mir machen jedenfalls Wellenbummeleien mit dem Perseus dank dieser (Funkperlen)-Antenne wieder viel Spass.

73 de Markus, HB9AZT

Danke Markus für den interessanten Beitrag. Ich denke, diese “Geheimwaffe” könnte vielen OM’s wieder schöne Hobby-Stunden bescheren, die von Elektronikschrott geplagt werden. 73 de Anton

2 Antworten zu “Die “Geheimwaffe”, von Markus HB9AZT

  1. Pingback: Steampunk-Hut und Elektronentanz | ANTON's FUNKPERLEN

  2. Danke für diesen guten Beitrag!!!
    Nun versuche ich diese Antenne nachzubauen.
    73 de dc3mr, Peter

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