Tagesarchiv: 29. Mai 2011

Der unterschätzte Fahnenmast

Von Zeit zu Zeit schau ich mal in die Blogstatistik und da steht immer auch, was die Menschen so gesucht haben um dann auf meinem Blog zu landen. Einer ist mir da kürzlich in die Augen gestochen: “fahnenmast+6m+vertikalantenne+kurzwelle”, stand da. Wow, ein Profisucher. Sonnenklar, was der OM finden wollte. Wäre ich Google, würde ich sagen: Er möchte einen Fahnenmast als Vertikalantenne für Kurzwelle verwenden und dabei auch das 6m-Band einschliessen.

Ich liebe Fahnenmasten. Sie wachsen schneller als Pappeln. Und da ich meine Pappeln, die ich für die Zeit nach meiner Pensionierung gepflanzt hatte, wegen Umzugs verloren habe, bin ich auf Fahnenmasten umgestiegen.

Gegen Fahnenmasten kann ja wirklich kein vernünftiger Nachbar etwas haben. Auch der DAN nicht (Dümmste aller Nachbarn). Natürlich nur, wenn am Fahnenmast die Nationalflagge im Wind flattert. Darum hängt meine auch 24 Stunden, 365 Tage oben. Verbrauch: eine Schweizerfahne pro Jahr. Landi, Fr. 25.-

Aber eines möchte ich gerade vorneweg schicken: Wenn schon, denn schon. Kauft den Größten, den ihr findet. In der Regel ist das ein 12m Mast. 12m ist ein guter Kompromiss. Für das 80m 20m Band bekommt man damit einen (fast) 5/8 λ Strahler. Ideal für DX. Für 40m ist der Mast etwas länger als 1/4 λ, das ist sehr gut und auch für 80m ist er noch ganz passabel. Zumindest für DX. Sogar auf 160m dürfte Europaverkehr mit 100W problemlos drinliegen und die Funkkollegen in der Region können sich auf eine kräftige Bodenwelle freuen.

Aber es gibt ja noch andere Bänder: 30m zum Beispiel. Mit 0.4 λ auch ein sehr guter Strahler. Weit genug von 1/2 λ entfernt um noch problemlos mit einem automatischen Tuner anpassen zu können. Auf 17m, einem tollen Band auch in schlechten Sonnenfleckenzeiten, ist das Strahlungsdiagramm schon etwas aufgeblättert und nicht mehr so flach wie auf 20m. Auf 15m und höher ist die Antenne für DX nur noch schlecht zu gebrauchen.  Zumindest nach Lehrbuch, bzw. nach einer Analyse mit EZNEC, dem freien MMANA-GAL, oder nach einem Blick in Rothammels Antennenbuch. Doch in der Praxis lassen sich auch mit dem 12m Mast auf den höheren Bändern schöne QSO’s fahren, da sich diese glücklicherweise nicht immer an die Theorie hält :-)

6m würde ich dem 12m Fahnenmast nicht mehr anvertrauen. Aber das ist auch gar nicht nötig, denn λ/4 sind dort gerade mal 1.5m. Eine feine Stahlrute als Strahler, drei ebensolche Radials und der gewiefte OM hat eine nachbarverträgliche 6m Antenne vom Feinsten. Irgendwo wird’s ja bestimmt noch ein Plätzchen frei haben. So eine Antenne ist übrigens weitaus weniger auffällig, als die allseits beliebten Blindenstöcke für 6/2/70cm.

Doch zurück zu unserem Fahnenmast: Wieso empfehle ich ein 12m Trum und nicht einen Niedlicheren? Ganz einfach: ein 6 oder 8m Mast ist für 80m schwach und für 160m nur noch eine Behelfsantenne, und euer Nachbar wird sich ebenso rasch an 12, wie an 8m gewöhnen. Nicht kleckern, klotzen lautet die Devise.

Doch ohne eines geht’s nicht: Der Mast muss isoliert aufgestellt werden, anders klappt es nicht, außer man braucht das 12m Ding nur als Aufhängepunkt für einen Zepp, Dipol, Inverted L oder eine dieser Antennen mit Spulen oder gar verlustlustigen UNUN’s. Gleich welche geniale Konstruktionsidee old man ersinnt: Fahnenmast an Mauer ist ein No-go, denn Strom strahlt und der ist dort am grössten, wo beim Mast unten ist. Zusätzliche Erdkapazitäten durch isoliertes “Einlochen” oder dünne Isolation ist auch nicht zu empfehlen. Der automatische Tuner schätzt das gar nicht. Und der ist die ideale Rundum-Versorgung für unseren Fahnenmast. Einfacher geht’s nicht, als mit einem CG-3000 oder SG-230 oder einem äquivalenten Produkt.

Aber auch ohne Erdung geht’s nicht. Radials sind die zweite Hälfte der Antenne. Je mehr, je besser. Ich habe bei mir noch die Metallmaschenzäune der Nachbargärten drangehängt. Plus ein paar Erdpfähle. Nach dem Prinzip: Nützt es nicht, schadet es auch nicht ;-)

Zum Schluss noch ein Geheimtipp: Zwei Fahnenaufzüge vorsehen. Der zweite als Option für zukünftige Antennenversuche.

73 de Anton

Bild: Rahmenantenne für Langwellenempfang. Man beachte den Mast im Hintergrund. Es ist der Mast eines KW-Beams, der von Hand gedreht wird und über einen Riementrieb auf einer Weltkarte die Richtung zeigt. Sozusagen eine Öko-Lösung.