Tagesarchiv: 9. Mai 2011

The Chinese Military Straight Key K-4

Kürzlich besuchte mich ein Funkkollege und zeigte mir begeistert seine Neuerwerbung: Eine chinesische Morsetaste, nigelnagelneu. Er habe sie auf Ebay zum Schnäppchenpreis von $24.90 erstanden, inklusive Versand aus Hongkong. In der Zwischenzeit sei sie sogar im Wert gestiegen, und tatsächlich kostet sie jetzt, während ich dies schreibe, $27.98 plus $20 Versand. Ich habe mir die Taste mal angesehen. Sie sieht zwar aus wie eine Taste und glänzt auch hübsch, doch schon ein oberflächlicher Blick genügt, um zu sehen: Dies ist kein Meisterwerk der Mechanik. Stanzteile mit rauen Kanten und etwas Bauernblende (Chrom), überall Spuren der artisanalen Herstellung.

Doch das Aha-Erlebnis kommt erst beim Anfassen: Die Chinesen müssen wohl mit den Ellenbogen morsen, oder Body Builder sein. Auch bei ganz herausgedrehter Federdruckverstellung braucht es einen kräftigen Händedruck um den Kontakt zu schliessen. Die Feder ist so nicht brauchbar und muss modifiziert oder ersetzt werden. Doch der nächste Schreck folgt auf dem Fuss: Das Teil hat keinen Stand, es wackelt auf dem Tisch, trotz aufgeklebtem Filz auf der Unterseite. Die Ursache ist rasch entdeckt: Hinten links hat der Boden einen Überzahn und ragt über den Filz hinaus. Das Bodenteil sieht aus wie mit der Blechschere zurecht geschneidert.

Aber auch andere Details deuten nicht auf hohe Handwerkskunst: Zum Beispiel die grobe Litzenverbindung, mit der der Hebel kontaktiert wird. Das könnte ein Stück Abschirmung aus einem RG-58 sein. Oder die Rändelschrauben mit den scharfen Kanten, oder die Billigstschrauben, von der jede ein bisschen anders aussieht.

Der Tast-Knopf sieht zwar aus wie einer, doch die Ergonomie passt nicht. Wie man das Teil auch anfasst, es bleibt ein Fremdkörper unter den Fingern. Abgesehen davon ist es ein billiges Spritzgussteil aus einem noch billigeren Spritzwerkzeug, mit hässlichen scharfen Graten. Auch die Achslagerung steht nicht über allem Zweifel. Und offenbar hat auch der Konstrukteur daran gezweifelt. Über zwei Rändelschrauben kann diese justiert werden. Eine gute Taste braucht diese Krücken nicht.

Ok sind aber das Gummikabel und der 6.3mm Klinkenstecker. Beide stammen zwar aus Grossmutters Zeiten, sind aber robust.

Morsen tut die Taste, wie ich am Transceiver feststellen konnte, doch mein Fazit ist ernüchternd: das einzig Interessante an der K-4 ist der Preis. Telegrafieren kann man zwar damit, aber das kann ich auch mit zwei Bananensteckern. Als Bootsanker ist sie zu leicht und als Briefbeschwerer zu wenig schmuck.

“Hauptsache billig” war in diesem Fall ein schlechter Ratgeber: Auch $25 sind für dieses Teil noch zuviel.

73 de Anton

Bild, von links nach rechts: Tschechische Taste, Telefunken, Chinese Military Key K-4, Begali Spark, Begali Blade.