200W für den TS-590 – Teil 2

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Wenn über Modifikationen an Amateurfunkgeräten diskutiert wird, stösst man auf allerhand Missverständnisse.

Ein ganz Lustiges ist der Glaube an die Unfehlbarkeit der Entwickler. Dieser Glaube nimmt zuweilen religiöse Züge an und es wird als Sakrileg betrachtet, die heilige Kiste zu „verbasteln“.

Als bekennender Pastafari bin ich natürlich auch ein religiöser Mensch. Allerdings habe ich in einem früheren Leben genügend Erfahrungen mit Diplomingenieuren und Doktoren (solche die nicht operieren) gesammelt, um sagen zu können, dass alle nur mit Wasser kochen.

Auch durfte ich immer wieder Wunder erleben. Ein gängiger Spruch meiner Entwickler war zum Beispiel: „Das geht nicht.“

Da ich nicht so viel von der Materie verstand, dafür aber das Sagen hatte, war meine Antwort jeweils: „Dann machen Sie es möglich.“

Und siehe da: das Wunder geschah.

Doch kommen wir zum eigentlichen Thema, unserem Woody. Auch da gibt es ein paar Missverständnisse.

Zum Beispiel folgendes: Jedes Watt über 100 führt zu mehr Verzerrungen. Meistens ist dieses Missverständnis gekoppelt mit dem Glauben an die Unfehlbarkeit der Entwickler und einem Mangel an Wissen über die Funktionsweise von Linearendstufen.

Doch wieso sind die meisten Transceiver für 100W spezifiziert und nicht für 80, 120 oder gar 150 Watt?

Wenn man darüber philosophiert, kommt man auf ein paar interessante Antworten:

Meine Lieblingsthese: Die Marketingleute haben noch nicht gemerkt, dass die meisten Amateure nicht mehr dB-rechnen können. Sonst würden sie die Entwickler auffordern auf 120W zu gehen ;-)

Aber vielleicht haben sie das ja bereits getan und die Entwickler haben geantwortet: „geht nicht.“

Heutzutage setzen alle Amateurfunkgeräte-Hersteller die gleichen Transistoren in ihren Endstufen ein, nämlich zweimal RD100HHF1 von Mitsubishi, in Push-Pull im AB-Betrieb. Das ist, wie Frau Merkel sagen würde, alternativlos. Schon allein aus Kostengründen.

Diese Transistoren können mindestens 100Watt bei 30MHz und mit 12.5Volt Speisung liefern. Man bringt aber problemlos auch mehr raus. Zudem sind die Dinger äusserst robust und überstehen auch ein SWR von 1:20.

Da wir in unserer Endstufe zwei von diesen Boliden haben, könnten wir damit 200W und mehr produzieren.

Doch da kommen die bösen Intermodulationsverzerrungen ins Spiel. Sie entstehen überall dort, wo etwas nicht linear arbeitet. Eigentlich überall ausser bei der Wellenausbreitung im Vakuum.

Zum Beispiel in unseren Endstufentransistoren. Schaut man ins Datenblatt der Transistoren, so sieht man, dass dies ab etwa 60 bis 80 Watt der Fall ist, je nach Höhe der Versorgungsspannung.

Das bedeutet, dass man mit zwei Transistoren in der Endstufe nicht mehr als 120 bis 160W rausquetschen sollte. Sonst könnten die Verzerrungen zunehmen. Die Entwickler befinden sich also mit ihren 100W auf der sicheren Seite. Es ist genügend Reserve vorhanden, um die Verzerrungen auch bei tiefer Versorgungsspannung in Grenzen zu halten. In SSB notabene, in CW spielt das keine Rolle.

Wenn wir nur CW machen wollen, können wir auf volle Pulle gehen. Mit dem einzigen Risiko, dass wir das Tiefpassfilter oder den Antennentuner kochen. Die Entwickler haben diese nämlich auch für die spezifizierten 100W ausgelegt. Plus Reserve, versteht sich ;-)

 

Doch die Linearität der Transistoren bestimmt nicht allein das Mass an Intermodulationsverzerrungen der Endstufe. Einen wesentlichen Einfluss hat die Schaltung zur BIAS-Erzeugung. Sie bestimmt den Arbeitspunkt. Abgesehen davon, dass sich dieser bei Erwärmung im TS-590 stark verschiebt, sind die Ströme zum Teil falsch justiert, wie ich feststellen musste. Aus dem AB kann daher leicht ein B-Betrieb werden.

Aber es gibt noch mehr Nicht-Linearitäten die zur IMD (Intermodulation Distortion) beitragen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Reviews sowohl im QST wie auch im Radcom feststellten, dass die IMD je nach Band stark schwankt. Im 10m Band ist sie am schlechtesten (bis zu 12dB schlechter als in anderen Bändern!). Das dürfte nicht allein an den Transistoren liegen.

Doch Theorie und Praxis sind bekanntlich nicht immer deckungsgleich. Aber darüber mehr im dritten Teil, in dem wir endlich die Katze aus dem Sack lassen wollen.

73 de Anton

RSGB Test des TS-590 im Radcom

Datenblatt RD100HHF1

100W MOSFET Gegentakt PA von DJ0ABR

RF Power Amplifiers von Iulian Rosu, YO3DAC / VA3IUL

Two Tone IMD Measurement Techniques 

 

 

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