Tagesarchiv: 16. April 2012

Wie decodiere ich Packet-Radio via Soundkarte auf dem PC?

Es war acht Uhr abends als mein Funkfreund und ich uns diese Frage stellten. Natürlich hatte diese Frage, wie jede andere Frage auch, eine Vorgeschichte. Auf unserer Hausfrequenz 145.400 tauchten seit einiger Zeit immer wieder kurze Datenpakete auf. Manchmal tagelang im Halbstundentakt. Scheinbar ohne von einer Gegenstation beantwortet zu werden. Wer war der Absender? Wenn wir die Daten lesen könnten, würden wir vielleicht mehr über ihn erfahren.

Packet auf dem PC mitzulesen musste keine grosse Sache sein, sagten wir uns, und machten uns in den unendlichen Weiten des Internets auf die Suche nach Anleitung und Software.

In der Tat förderte Google jede Menge Resultate auf den Bildschirm. Doch je mehr wir sahen, desto verwirrter wurden wir. Ein ganzer Strauss von Programmen versprach alles Mögliche. Darunter eierlegende Wollmilchschweine mit denen sich Programmierer ausgetobt hatten. Erklärt wurden da Dinge, bei denen wir nur Bahnhof verstanden. Vieles davon steinalt – das Internet vergisst ja nichts – von TNCs war die Rede und von DOS. Packet wurde erklärt, vorwärts und rückwärts, und unsere Klarheiten wurden restlos beseitigt. Es war Neun und der Frustpegel wuchs. Denn eine klare Antwort auf unsere Frage war nicht dabei:

„Wie kann ich Packet-Radio via Soundkarte auf dem PC mitlesen?“

Anstelle von Antworten tauchten immer mehr neue Fragen auf. Wenn die Theorie nicht weiter weiss, ist es Zeit für die Praxis.

Nachdem wir auf chaotischen Webseiten, die irgend ein Professor Tournesol zusammengeschustert haben musste, endlich die Download Buttons gefunden hatten, konnte die Installation der Software beginnen. Wir liessen uns auch nicht von rar-Dateien abschrecken, nachdem wir ergoogelt hatten, wie wir diese entpacken konnten.

Da waren sie nun, vor uns auf dem Bildschirm ausgebreitet, all die wunderbaren Programme, ausgedacht von Tüftlern im stillen Kämmerlein.  Hier hatten Entwickler ihr wahres Potential entfaltet. Unbeeinträchtigt durch Manager, die nichts von der Materie verstanden, und ohne die unsäglichen Forderungen eines Marketings, das noch weniger begriff und dauernd von irgendwelchen Kunden faselte.

Alles war möglich und nichts war fix. Aber Packet-Radio mitlesen konnten wir immer noch nicht. Apropos Kunden: Einige Programme gab es nur gegen Geld. Wahres gegen Bares? 48 Dollores für einen Abend ausprobieren? Kaum!

Doch mit den Programmen kam die Verwirrung in die zweite Runde: Wir bräuchten ein TNC hiess es. Wozu? Unsere Notebooks hatten ja Soundkarten. Wir müssten einen COM-Port wählen, wurde gefordert. Wieso? Wenn das Programm unbedingt einen braucht, soll es doch selbst schauen! Unzählige Sorten und Untersorten von Modi wurden uns aufgetischt, von denen wir noch nie etwas gehört hatten. Und wir fragten uns, wer denn all das Zeug braucht, wenn es doch schon RTTY, PSK31 und Olivia gibt.

Wir nicht, wir wollten nur Packet, und nein, wir brauchten kein zusätzliches Logbuch, wir hatten schon eins auf Papier. Wir wollten bloss ein paar Datenpakte decodieren. Möglichst automatisch, ohne unzählige Parameter festlegen und Formulare ausfüllen zu müssen.

Zehn Uhr. Jetzt kamen die aufbauenden Ratschläge unserer Kollegen. „Schaut doch mal auf die Seite der Swiss Amateur Radio Teleprinting Group, dort steht sicher, wie das geht!“

Danke, hatten wir schon. Inzwischen hatte sich der Charakter meines Computers bedenklich verändert. Firefox hatte plötzlich zusätzliche Anzeigeleisten und sprach nur noch Französisch. Ein Nebeneffekt der installierten Programme?

Elf Uhr. Staunend betrachteten wir die APRS-Fürze auf 144.800 mittels Wasserfall und Frequenzanzeigen. Was die wohl so spät abends noch zusammenfunkten? Mindestens kam jetzt was über die Soundkarte in den PC rein. Doch mit Decodieren war nichts. Es war wie im alten Babylon. Wir verabschiedeten uns ziemlich genervt.

Zwölf Uhr. Ich betätigte den Hauptschalter. Sollte doch der Teufel die Pakete holen. Und überhaupt: Ich hatte genug von der digitalen Welt. Morgen würde ich mich dem guten alten CW widmen und meinen HF-Projekten, Hardware notabene. Ich begab mich mit dem unguten Gefühl zu Bett, ein Digitalbanause zu sein.

73 de Anton