SPIELARTEN

Der Amateurfunk kennt unzählige Spielarten. Da gibt es Funker, die schreien sich ein ganzes Wochenende die Seele aus dem Leib oder morsen sich die Finger wund um einen Wettbewerb zu gewinnen, in dem es eigentlich nichts zu gewinnen gibt. Andere wiederum liegen Nächte lang auf der Lauer um mit seltenen Länder einen halben Satz auszutauschen, der hauptsächlich aus dem Standardkürzel “599” besteht. Dem sagt man übrigens Rapport, doch dieses “599” hat weder etwas mit der Signalqualität, noch mit der Signalstärke zu tun – es ist einfach Tradition. Natürlich sind die heutigen DX-Jäger, wie sie genannt werden, mit modernsten Hilfsmitteln ausgestattet und spüren ihre 599-Beute mittels einem speziellen Computernetzwerk auf, das sich DX-Cluster nennt.

Eine ganz andere Sparte Funker funkt weniger und bastelt dafür mehr. Darunter gibt es die Untersparte der Spartaner. Chris, N7ZWY, zum Beispiel, hat es sich zum Ziel gesetzt einen Sende-Empfänger zu bauen, der nur einen einzigen Transistor besitzt. Dazu noch einen ordinären 2n2222, einen Transistor, der so verbreitet ist, dass man ihn auch noch auftreiben kann, wenn die Welt bereits untergegangen ist. Er nennt seinen Transceiver Gnat 1.

Aber es geht noch besser: AA1TJ hat eine Sparlampe auseinandergenommen und sich daraus einen Sender gebaut. Erstaunlich wieviele interessante Elektronikbauteile so ein Ding beinhaltet. Außer der Leuchtstoffwendel konnte er alles verwerten. Wenn das kein Argument für Sparlampen und gegen Glühbirnen ist!

Doch das alles ist nichts gegen das Youtube-Video, das seit letzten Oktober die Amateurfunkwelt staunen lässt: Die ultimative Wunderantenne wird hier in der Praxis demonstriert. Sie besteht aus einem Wasserstrahl. Verwendet wird gewöhnliches Meerwasser. Natürlich wegen der Leitfähigkeit des Salzwassers. Mit der Höhe des Strahls lässt sich diese Springbrunnenantenne an jede beliebige Frequenz anpassen, von Mittelwelle bis VHF. Im Video wird sie als die ideale Schiffsantenne und für Katastrophen angepriesen. Über die Effizienz, bzw. Über Gewinn&Verlust und das SWR wird aber nichts gesagt. Auch nichts darüber, bei welcher Windstärke (oder Fahrgeschwindigkeit) die Antenne noch eingesetzt werden kann. Eine Katastrophenantenne für Katastrophen?

Ein ernsteres Thema kommt aus der Ecke der HiFi-Funker. Das sind die Kollegen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, ihr SSB-Signal in Stereoqualität zu übertragen. Ihnen geht es dabei nicht um die Verständlichkeit, sondern um die Natürlichkeit. Dass ein solches ESSB-Signal (Extended SSB)  mehr Bandbreite benötigt ist klar. Die fängt bei 3 KHz an und endet bei 6 kHz, laut der Tabelle auf der ESSB-Seite von NU9N. Das ist sicher kein Problem, dort wo genügend Platz auf den Bändern vorhanden ist. Doch im überfüllten 80m-Band dürften solch breite Signale auf wenig Verständnis der anderen Benutzer stoßen. Genausowenig wie die paar Steinzeitfranzosen, die Sonntags stur auf 3550 kHz, mitten im CW-Bereich, ihr AM-QSO abhalten.

Wer weiß, vielleicht kommt jemand noch auf die Idee, am Sonntagmorgen eine FM-Runde auf 80m einzuführen. Zum Beispiel auf 3725kHz.

Zum Schluss noch ein Highlight aus der Sparte Wunderantennen. Sie heißt TASH und besteht aus Hühnergitter. Wie es sich für eine echte Wunderantenne gehört, kann man damit von 160m bis VHF funken. Ich finde diese Idee gut, lässt sich doch ein solches Gebilde dem Nachbarn als Kunstwerk oder vertikaler Hühnerstall “verkaufen”. Außerdem dürfte diese Antenne wohl besser funktionieren, als all die Mini-Wunder, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die Physik zu widerlegen.

73 de Anton

Bild: IC-7200 in einem Cadillac Deville

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