DER DACHRINNENFUNKER

Wie jeden Montagabend war ich gestern wieder bei der bei der 1991-Runde dabei. Pünktlich 20:05. Die Bedingungen waren schlecht, die Signale 10 bis 20 dB schwächer als sonst und der atmosphärische Störpegel hoch. Dazu kamen die Störungen des Plasmafernsehers aus der Nachbarschaft. Diese Dinger versauen das ganze KW-Spektrum und lassen sich auch mit Netzdrosseln und Mantelwellensperren nicht zum Schweigen bringen. Denn es ist der Bildschirm selbst, der strahlt. Man müsste die Kiste schon in Alufolie einwickeln, um die Störungen loszuwerden.

Aber ich habe euch ja zu Beginn versprochen, etwas über meine Funkkollegen und Freunde zu erzählen. Anonym, versteht sich. Nicht jeder möchte mit Namen und Rufzeichen im Web verewigt werden.

Da ist zum Beispiel der Dachrinnenfunker. Man kann praktisch jedes Stück Metall als Antenne verwenden. Ein wenig elektromagnetische Strahlung erreicht immer den Äther. Eine “vergessene” Metallleiter am Zwetschgenbaum, als würde man das ganze Jahr Zwetschgen pflücken, den Maschendraht eines Hühnerstalls, ein altes Fahrrad, oder eben eine Dachrinne. An und für sich wäre so eine Dachrinne eine recht gute Antenne. Sie hat jedoch zwei “Schönheitsfehler”. Erstens umfasst sie das ganze Haus mit all seinen Störquellen aus Sparlampen, Computern und anderem technischen Unsinn, und fängt dabei die ganze Ätherverschmutzung ein. Zweitens sollte eine Antenne gut isoliert sein – besonders an den Spannungsbäuchen. Das beruht bei der Dachrinne auf Zufall, den schließlich war der Spengler kein Antennenmonteur. So ist die eine Dachrinne ein passabler Strahler, während die andere mehr einem Dummy Load gleicht.

Die Dachrinne unseres Dachrinnenfunkers gehört jedoch zur besseren Kategorie. Besonders auf den tieferen Bändern wie 160 und 80m. Das ist auch gut  so, denn sein Nachbar hält nicht viel von Antennen. Schon der kleinste Stab sticht ihm ins Auge wie die Gipfelkreuze den “Freidenkern”. Darum hat unser Dachrinnenfreund seine VHF-Antenne auch in einem Busch versteckt und farblich abgestimmt (color tuning). Dem Wachstum des Busches wird auch das “Wachstum” der Antenne angepasst.

Natürlich möchte unser Dachrinnenfreund gerne noch mehr und bessere Antennen. Darum ist er, wie wir alle, immer auf der Suche nach der ultimativen Wunderantenne. Idealerweise von der Größe eines Zündholzes und der Performance eines 6-Element-Beams in 30m Höhe.

Es ist schon schlimm genug, wenn man seine Dachrinne missbrauchen und Antennen in Büschen verstecken muss, doch der vorliegende Fall hat noch eine tragischere Seite. Sein Nachbar ist nämlich ein alter Kollege und wohnt im Haus, das vorher unser Dachrinnenfreund bewohnt hat. Das kommt davon, wenn man nur über den Gartenhag zügelt.

Zugegeben, es könnte noch schlimmer sein. Ich kenne Mitmenschen, die bekommen schon Kopfschmerzen und Schlafstörungen, wenn sie nur eine Antenne sehen. Ob sie an einen Sender angeschlossen und dieser in Betrieb ist, spielt keine Rolle.

Ich muss gestehen, dass ich auch versuche, meine Antennen zu tarnen. So habe ich im Garten einen wunderbaren Fahnenmast stehen, ganze 12m hoch. An der Spitze flattert eine Schweizerfahne jahraus jahrein. Wer könnte schon etwas gegen ein weißes Kreuz auf rotem Grund haben – außer vielleicht ein paar Kreuzallergiker, wie die vorgenannten “Freidenker”?

Der Trick dabei ist folgender: erstens steht der Fahnenmast isoliert und lässt sich so als Vertikalantenne nutzen und zweitens besitzt er zwei Aufzüge. Einen natürlich für die Fahne und der zweite…., ihr wisst schon ;-)

Antennen werden nur als Antennen wahrgenommen, wenn sie auch wie Antennen aussehen. Metallgittermaste zum Beispiel, oder glänzende Alurohre am Himmel wie Speerspitzen. Kein Wunder, dass sowas ins Auge sticht.

Drähte, die rum hängen, als hätte sie der Zufall dorthin verschlagen, sind zumindest hier auf dem Land normal. Jeder Bauer hat welche gespannt. Auch Fischruten sehen unverdächtig aus, obschon es in der Wiese nebenan keine Fische hat. Einer aus unserem Dorf braucht sogar Fischruten für seine Stangenbohnen.

Ein weitere Trick beim Antennenbau ist das Provisorium. Eine Fischrute in einem Sonnenschirmständer braucht keine Baubewilligung, hält aber Jahre ohne umzufallen. Ebenso ein kleiner Beam aus Bambus, an einem Samstagnachmittag zusammengenagelt und an den Gartenzaun gebunden. Unser ganzes Leben ist ein Provisorium, wieso sollten wir dann Antennen für die Ewigkeit bauen?

73 de Anton

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