Gedanken zum neusten HBradio

Das neue HBradio ist so schön wie noch nie. Es glänzt in allen Farben und brilliert mit interessanten Beiträgen. Erstaunlich für einen kleinen Verein und zweifellos das Verdienst des engagierten Redaktors Willy, HB9AHL.

Gleich zu Beginn der neuen Zweimonats-Publikation der USKA (Union Schweizerischer Kurzwellenamateure) findet man den Bericht des Altmeisters Albi, HB9TU, über die Senderöhre 811 und ihre Nachfolgerinnen. Darin erzählt er uns mit profunder Sachkenntnis die Entwicklungsgeschichte dieses „Dauerbrenners“. Am Ende warnt Albi vor den Chinaröhren und empfiehlt nur Svetlana-Produkte einzusetzen. Doch allem Chinaschrott zum Trotz: Nicht jeder macht schlechte Erfahrungen mit PA-Röhren des Typs 811A und 572B aus der Röhrenfabrik SHUGUANG. Mein Quartett 572B funktioniert nach Jahren immer noch einwandfrei, obschon ich sie nicht gerade sorgfältig behandle. Und auch die drei Ersatzsets, die im Keller auf ihren Einsatz warten, haben den Einbrenntest bestens bestanden. Alle wurden übrigens bei qMall auf Ebay geordert.

Meines Erachtens ist eher mit der 572B von Svetlana Vorsicht geboten. Sie soll in ihren Spezifikationen nicht der ursprünglichen 572B entsprechen und deshalb in manchen Linearverstärkern Probleme verursachen (1) (2) (3). Svetlana produziert übrigens die 572B schon seit Jahren nicht mehr. RFparts hat den Restposten aufgekauft und vertreibt nun die letzten Exemplare.

Auch Shuguang soll die Produktion eingestellt haben und die Röhren auf dem Markt seien alle NOS (New Old Stock), erfährt man in den Tiefen des Internets.

Immerhin lassen sich diese Röhren, im Gegensatz zur 3-500, sehr lange lagern. Bedingung ist natürlich, dass man sie nach Jahren der Lagerung vorsichtig wieder einbrennt und nicht gleich mit voller Hochspannung belastet.

Doch zurück zum HBradio:

An zweiter Stelle liest man die französische Version des Artikels über WINLINK. Von der technischen Seite ein interessanter Bericht. Ich bin allerdings kein Freund dieser Spielart und sehe nicht ein, wieso wir Emails an Hinz und Kunz über Kurzwelle versenden sollten, wenn wir doch praktisch überall einen Internetanschluss oder mindestens ein WLAN zur Verfügung haben oder diese i-Dinger überall mitschleppen. Es kann doch nicht die Aufgabe des Amateurfunks sein, Lücken im Netz der Telekommanbieter zu schliessen oder “armen” Funkern das Internt zu sponsern. Selbstverständlich sehe ich den Nutzen dieses Netzwerks für Funkamateure ein, die die Weltmeere mit ihren Segelschiffen befahren. Allerdings ist mir aufgefallen, dass viele Segler nur eine Funkamateur-Prüfung absolvieren um in den Genuss einer Gratis-Internetverbindung zu kommen. So wird in einschlägigen Foren darüber diskutiert, in welchem Land man mit dem kleinsten Aufwand zu einer Lizenz kommen kann. Ob da kein Drittverkehr stattfindet oder Emails mit kommerziellem Charakter laufen, kann niemand kontrollieren. Und damit OM Waldheini in seinem Wohnwagen in Südfrankreich die WLAN-Gebüren sparen kann, dafür sind die Amateurfrequenzen wohl kaum gedacht. Erstaunlich, dass dies vom BAKOM toleriert wird. Bei meinem kürzlichen Ferien-Aufenthalt in Dänemark habe ich einen USB-Stick von Telenor gemietet und hatte damit aus der hintersten Ecke immer hurtiges Internet auf dem Schlepptop. Als ich davon einem Exponenten des WINLINK Netzes erzählte, war die Antwort: Es gäbe bei Bern im Wald eine Stelle, an der kein Handyempfang möglich sei und auch in Amerika seien ganze Landstriche nicht mit Internet versorgt. Ja, ja, dazu braucht es sage und schreibe vier solcher “Küstenfunkstationen” im Binnenland Schweiz – köstlich! Auf mein Nachbohren meinte er: Ich würde halt nicht verstehen, um was es ginge. Vielleicht hat er Recht. Vielleicht geht es bei der ganzen Chose tatsächlich um etwas ganz anderes als um Amateurfunk. Eine weitere Diskussion verweigerte er mir dann mit dem Argument: “Du bist nicht normal.” Vielleicht hat er auch da Recht, hi, obschon so ein Ausweichen auf die persönliche Ebene eher auf einen Argumentationsnotstand hindeutet.

Apropos: Wer eine Yacht vermag, kann  sicher auch Sailmail bezahlen. Das gibts übrigens nicht nur über Satellit, sondern auch via Kurzwelle, konsequenterweise ausserhalb der Afubänder. Interessantes Detail: Sailmail wurde von einem Funkamateur gegründet.

Natürlich wird jetzt auch bei Winlink die Karte von der „grossen Krise“ gespielt, in der dann die öffentlichen Kommunikationsnetze zusammenbrechen. In diesem Fall würde der Amateurfunk die Welt retten. Und damit sind wir beim nächsten, etwas düsteren Thema gelandet:

Erstaunlich, wie viele Schwarzseher es unter den Funkamateuren gibt. Auch Paul, HB9ZV, malt in seinem Artikel „Amateurfunk in Bedrängnis“ ein ziemlich düsteres Bild und fordert von der USKA, politisches Lobbying zu betreiben. Ansonsten würden der Amateurfunkdienst in der Schweiz durch immer schärfere Vorschriften bezüglich EMV und Antennenbau erdrosselt.

Das sei gefährlich für die Schweiz, meint Paul, da das Land einerseits Kurz- und Mittelwellenfrei sei, nachdem man die entsprechenden Sender abgeschaltet habe und andererseits das dienstübergreifende Netz Polycom in schwierigen Situationen versagen würde. Die Kommunikation nach aussen und im Innern könne so im Krisenfall nicht gewährleistet werden.

Vermutlich liegt er leider richtig. Die Abschaltung unserer Kurz- und Mittelwellensender und die Verschrottung der Anlagen war ein Kurzschluss. Wir habe ihn vor allem dem Träumer und Europhilen Moritz Leuenberger zu verdanken, wie übrigens auch das idiotische Glühlampenverbot. Kaum war er aus dem Bundesrat ausgeschieden, sass er übrigens schon im Verwaltungsrat des Baukonzerns Implenia, dessen „Kunde“ er vorher gewissermassen von Amtes wegen war (Tunnelbau). Die typische Karriere eines Cüpli-Sozis :-) Fehlt nur noch ein Verwaltungsratsmandat bei einem Sparlampenhersteller.

Auch wenn man nicht zu den Schwarzsehern gehört: Die lange Zeit des Friedens und Wohlstands in Europa hat viele Zeitgenossen zu der Annahme verleitet, das es auch in Zukunft so sein werde. Man kann sich keine anderen Szenarien mehr vorstellen, auch wenn sie quasi vor unserer Haustür stattfinden. Dabei ist diese goldene Zeit, die wir seit dem zweiten Weltkrieg erleben durften, eher eine Ausnahme in den weiten Hallen der Geschichte. Wer die gegenwärtige Entwicklung auf der Weltbühne kritisch hinterfragt, kommt unschwer zum Schluss, dass da noch andere Zeiten auf uns warten.

Doch das Rad der Geschichte lässt sich nicht zurückdrehen. Wenn man eines Tages in aller Hast wieder Mittel- und Kurzwellensender errichten möchte, damit unsere Stimme im Ausland gehört wird,  wird vielleicht niemand mehr zuhören können. Die Auslandschweizer werden in die toten Bildschirme ihrer Computer starren und nicht mehr wissen, wo sie zum letzten Mal ein Kurzwellenradio gesehen haben.

Was Polycom betrifft, so kenne ich es aus meiner Berufstätigkeit. Es ist ein typisches Schönwettersystem und für die Benutzer eine Blackbox. Wenn alles drunter und drüber geht, wird man verzweifelt nach alten Handfunken suchen.

Ob man sich dann des Amateurfunks erinnern wird? Ob dann die paar übriggebliebenen alten Knacker mit ihren seltsamen Kisten gross helfen können, daran zweifle ich.

Doch eines scheint mir sicher und es ist irgendwie tröstlich: NIS und Bauvorschriften werden dann kaum mehr interessieren. Denn das sind typische Luxus-Erscheinungen, geboren in einer “überdrehten” und „verdichteten“ Gesellschaft.

Geniesst den schön-nassen Herbst und vergesst nicht: Es soll angeblich ein Leben vor dem Tod geben.

73 de Anton

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