Tagesarchiv: 4. September 2012

Jammern aus der Jammerbucht

Zurzeit steht meine Antenne an der Jammerbucht im Norden Dänemarks. Hier oben, 1200km von meinem Heim-QTH, sieht der Äther natürlich etwas anders aus. Doch auch hier sind die Bänder hoffnungslos überfüllt. Am Abend eine freie SSB-Frequenz im 40 oder 80m Band zu finden ist ein Kunststück, das nicht oft gelingt. Schon gar nicht, wenn man die 3 KHz-Grenze zum Nachbar-QSO nicht unterschreiten will. Oft müssen 2.5 kHz genügen. CW dagegen ist kein Problem, auch PSK31 nicht.

Glücklicherweise dürfen die OM in Dänemark das 60m Band ab 1. Juni 2012 generell mit Sekundärstatus benutzen. Von 5250 kHz bis 5450 kHz mit 1 Kilowatt (!). Die Funkamateure in OZ sind da nicht alleine, ich hatte bereits QSO’s mit G, LA und TF auf diesem wunderbaren Band. OZ8ABE ist da schon weiter, er hat auf 60m bisher 75 DXCC-Entitäten gearbeitet.

Auch wenn auf 80 und 40 die üblichen Wochenend-Conteste toben, gelingen mir täglich Crossband-QSO’s. Wobei Schweizer Stationen dann auf dem 160m Band senden, das ich hier oben störungsfrei empfangen kann. Natürlich scheidet das die Spreu vom Weizen. Wer auf 160 mit dem Gartenschlauch sendet, oder vor lauter Nachbarangst mit der Dachrinne, der ist auch hier kaum zu empfangen. (By the way: es soll sogar Funker geben, die aus lauter Nachbarangst ihre Dachrinne abmontiert haben ;-)

Doch das ist nicht das einzige Problem. Einige Operateure tun sich auch schwer mit dem Crossband-Betrieb. Da denke ich dann jeweils an die angeblich 4000 bestens ausgebildeten Funker, die in HB9 für den Notfunk bereit stehen sollen ;-)

Aber auch ich habe hier oben mit ungewohnten Schwierigkeiten zu kämpfen. Nämlich mit dem Wind, der für mein Gefühl in Sturmstärke weht. Für die Einheimischen ist das aber vermutlich nur eine steife Brise. Ohne doppelte Abspannung wäre meine Vertikalantenne, bestehend aus einer 15m DX-Wire Teleskop-Rute, schon längst zu Mikado mutiert. Vier Abspannleinen nach dem ersten und nach dem zweiten Drittel sind unerlässlich. Aber auch so wird das Teil kaum länger als einen Urlaub lang leben. Mir graut schon vor dem Abbau.

Aber ich will nicht nur Jammern. Es gibt auch Interessanteres zu berichten. Kürzlich bin über das Archiv des 73-Magzins gestolpert. Es war über Jahrzehnte hinweg ein weit über die USA hinaus bekanntes Monatsmagazin für Amateurfunk.

Darin bin ich unter anderm auf diesen interessanten Artikel aus dem Jahr 1969 gestossen. Er beschreibt einen NVIS-Strahler* für das 40m-Band. Eine NVIS-Antenne strahlt senkrecht in die Ionosphäre und wird für Kurzstreckenverkehr genutzt. Signale von Stationen, die weiter entfernt sind als einige 100km und deshalb unter flacherem Winkel einfallen, werden abgeschwächt empfangen und die eigene Sendeenergie kommt auch hauptsächlich bei näher gelegenen Stationen an. Das funktioniert natürlich nur, wenn keine tote Zone vorhanden ist. Eine solche Antenne eignet sich u.a. hervorragend für Notfunk. Für 40m befindet sie sich nur 2.1m über dem Boden, auf dem drei Reflektoren ausgelegt werden. Skaliert man die Antenne für 80m, wären’s dann etwas mehr als 4m Aufbauhöhe. Wichtig sind natürlich die Reflektoren, ohne die gehts nicht. Ebenfalls wichtig ist die Ausführung des Strahlers. Es ist ein Schleifendipol aus Feederleitung. Verwendet man an dessen Stelle einen gestreckten Dipol, wie das in neueren Kommentaren zum Artikel empfohlen wird, ist eine Enttäuschung programmiert. Dann stimmt die Impedanz nicht mehr. Die ist nämlich durch den Schleifendipol in Zusammenhang mit den nahen Reflektoren gegeben und liegt nur so bei 50 Ohm.

73 de Anton

Bild: Eine Abspannleine hat sich im Gebüsch verfangen und verformt die Vertikalantenne zu einem Bogen. Da ist Action angesagt.

* Der Wikipedia-Eintrag zu NVIS ist zwar Quatsch (von wegen toter Zone unterdrücken etc. hi), habe ihn aber trotzdem verlinkt.