Tagesarchiv: 13. November 2012

Chinesische Irrungen und Verwirrungen

Rund um die lustigen Baofeng Handies scheint noch etwas Verwirrung zu herrschen. Manche Öhmer sind geneigt, Verschwörungstheorien zu entwickeln und die Intervention des BAKOM als politische Angelegenheit zu sehen. Vielleicht habe der Importeur einer Edelmarke reklamiert und ein schärferes Durchgreifen gefordert, oder sogar die USKA selbst, wird gemunkelt.

Verschwörungstheorien sind immer interessant und ich liebe sie. Doch am Ende ist das Problem der Nebenwellenaussendungen beim Baofeng nicht ein politisches, sondern ein messtechnisches:

Meine Amateurfunkprüfung liegt ja schon Jahrzehnte zurück und da galten noch andere „Spielregeln“, aber die Newcomer, die mit den E-Rufzeichen, sollten es eigentlich wissen. In den Vorschriften für den Amateurfunkdienst (Ausgabe vom 1.3.2012) des BAKOM steht betreffend Nebenwellen:

Es gelten die Werte gemäss Radioreglement, Anhang 3. Sie sind im Wesentlichen in dem für Amateurfunkgeräte relevanten Standard, in den europäischen Normen ETSI EN 301 783 1 und EN 301 783 2, zu finden.

Schauen wir also mal in den Anhang 3 des Radioreglements. Dort finden wir als Grenzwerte -40dB oder 25µW bis zu einer Leistung von 25W. Es gilt der schärfere Wert. Es schaut also gar nicht so schlecht aus, für die Baofeng-Winzlinge, wie zum Beispiel hier zu sehen ist. Die Neuen halten den Grenzwert ein, die Älteren lassen sich entsprechend modifizieren.

Doch was ist mit den ETSI-Normen?

Also schauen wir mal kurz dort rein (301 783-1) und was finden wir? Oh Schreck:

Über 30 MHz beträgt die Limite für die zulässigen Nebenwellenaussendungen: 43 + 10 · log(PEP) oder -70dBc. Es gilt jeweils der schärfere Grenzwert. Bei den 2W oder 5W Handies sind das also die -70dBc.

Das sind 0.2µW (2W) bzw. 0.5µW (5W). Die Werte liegen also in der Grössenordnung der Norm ETSI EN 300 086-1 für den mobilen Landfunk, die 0.25µW für Leistungen bis 25W als absolute Grenze festlegt.

Wenn einer also beim Baofeng, gleich welcher Couleur, -50dBc misst, ist der Jubel fehl am Platz. Es fehlen ganze 20dB und die liegen bei diesen Spielzeugfunken einfach nicht drin. Da kann man modifizieren, was man will.

Und der geneigte OM muss sich jetzt fragen: Was gilt jetzt, liebes BAKOM, das Radioreglement oder die ETSI-Norm? Auch ich bin nun etwas verwirrt und irritiert.

73 de Anton

Bild: 5.7 GHz Büchsenstrahler

Nachtrag: dB für den Prepaid-Funker ;-)

dBc bedeutet Dezibel carrier, also dB auf das Trägersignal bezogen. dB kann man einfach im Kopf rechnen, wenn man weiss, dass für Leistungen 3dB das Doppelte, 7dB das Fünffache und demzufolge 10dB das Zehnfache sind. Die dB’s werden addiert, ihre Werte multipliziert.

Wenn wir also ein Handy mit 2W Ausgangsleistung haben und eine Nebenwelle nur -10dB gedämpft ist,  hat sie noch 0.2W bzw. 200mW. Bei -20dB sinds dann 20mW, bei -30dB 2mW, bei -40dB 0.2mW bzw. 200µW, bei -50dB noch 20µW, bei -60dB 2µW und bei -70dB 0.2µW.

Da mein Hirnkasten immer voll anderem Zeug ist, benutze ich die Finger zum Abzählen. Sicher ist sicher ;-)

dBm bedeutet dB auf ein Milliwatt bezogen. 0dBm wären dann 1mW. 10dBm also 10mW und 20dBm 100mW. Aber natürlich gehts auch in die andere Richtung: Ein Wert von zum Beispiel -36dBm können wir auch im Kopf rechnen: -10dBm sind 0.1mW, bzw. 100µW, -20dBm sind nochmals zehnmal weniger, also 10µW und -30dBm 1µW. -33 sind die Hälfte davon und -36 bedeutet nochmals eine Halbierung. Wir erhalten also für -36dBm = 0.25µW.