Der KX3, die Enttäuschung des Jahres

Ich wundere mich immer mehr über die Jubelpriester der Elecraft-Sekte. Sie lassen an ihrer angebeteten Marke keine Kritik gelten. Und wenn, so lautet das Argument, werden es die Oberpriester Wayne und Eric schon richten. Alles andere als Elecraft sei sowieso Schrott, besonders das Zeug aus Japan, wird einem beschieden. Und schliesslich sei die “kundennahe” Entwicklung bei Elecraft ein Zeugnis hoher Innovationskraft.

Wahnsinnig innovativ ist es schon, ein Produkt auf den Markt zu katapultieren, das hinten und vorne nicht fertig ist und die Hälfte der Versprechen nicht einhält. Es gehört eine gehörige Portion Chutzpe dazu, dem technophilen Kunden eine Lotterkiste aufzuschwatzen, die mit vier Rändelmuttern zusammengehalten wird und soviel kostet wie ein voll ausgereifter Japantransceiver.

Dass diese Kiste dann noch in einer sogenannten Sherwood-Liste an die Spitze rückt, ist total verrückt. Und das nur wegen eines einzigen Labormesswertes. Hier habe ich noch so eine blödsinnige Liste gefunden.

Ja, ich rede schon wieder vom KX3. Je länger ich mit diesem Teil arbeite, desto weniger kann ich es empfehlen und desto mehr nerve ich mich über mich selbst, weil ich auf die Werbung reingefallen bin. Dafür nehme ich alles zurück, was ich je über den Yaesu FT-817ND gesagt habe :-) Behaltet eure 817er. Die Ergonomie mag wohl fragwürdig sein, der Menüdschungel verwirrend und der Stromverbrauch doppelt so hoch, aber die Geräte sind IN DER PRAXIS mindestens ebenso gut wie der KX3. Und wenn auch der Antennentuner und der Sprachkompressor fehlen, so hat man doch 2m und 70cm zum Trost.

Auch den K2 würde ich unbedingt behalten. Sein Empfänger ist um Meilen besser als der RX des KX3. Wenn er nicht so unverschämt teuer wäre, würde ich mir nochmals einen bauen. Wer weiss, vielleicht wird der Preis noch vor dem Phase-out reduziert. Daran mag man ersehen, dass ich nicht einfach ein „Elecraft-Hasser“ bin. Bloss ein enttäuschter Kunde.

Vielleicht liegt das eigentliche Problem in der hohen Erwartungshaltung, die von Elecraft geweckt wurde. Der OM erwartete Wunder und bekam bloss billige Tricks. Auch ich habe gedacht, dass man den KX3 nicht nur als Portabelgerät, sondern auch als Stationstransceiver einsetzen kann – mit einer entsprechenden Endstufe. Doch das ist Mumpitz. Der KX3 verdaut keine Fullsize-Antennen. AM-Durchschlag auf den meisten Bändern ist hier in Zentraleuropa an der Tagesordnung und man muss entweder auf den Vorverstärker verzichten und eine mickrige Empfindlichkeit in Kauf nehmen, oder den ZF-Shift aktivieren. Damit wird der DC-Empfänger zu einem Superhet mit 8kHz Zwischenfrequenz und die teuer gekauften Roofingfilter sind für die Katz.

Doch leider ist das nur die Spitze des Eisberges. Die miserable AGC und ein NB, der übelste Verzerrungen verursacht, vermiesen den Empfang vollends. Vom eingebauten Lautsprecher will ich gar nicht sprechen. Er ist unbrauchbar, und seine Anschlussdrähte sind ein dauerndes Ärgernis beim Auf- und Zuklappen der Kiste und haben nicht wirklich Platz in dem zusammengewursteten Gehäuse.

Die Rändelmuttern habe ich ja bereits erwähnt. Dass zwei von ihnen auch noch die Aufstellfüsse halten sollen, ist der Gipfel der Ingenieurskunst. Das Teil ist voll von solchen Meisterleistungen. Der Antennentuner zum Beispiel wird nur ansatzweise auf das RF-Board gesteckt. Die Stifte der Stecker sind zu kurz und dass da überhaupt ein Kontakt entsteht, grenzt an ein Wunder.

Habe ich schon vom VFO-Noise berichtet? Das ist ein weiteres Feature dieses Geräts. Dreht man auf einem ruhigen Band, zum Beispiel auf 10m oder 6m übers Band, erzeugt der VFO einen Brummton, der die schwachen Signale zudeckt. Bisher ist man bei Elecraft dem Phänomen nicht auf den Grund gegangen. Aber man hat eine zusätzliche VFO-Geräusch-Unterdrückung realisiert, die man ggf. einschalten kann. Bei Nebenwirkungen befragen Sie ihren persönlichen Guru.

So bleibt denn nebst einer schönen Front und einem niederen Stromverbrauch nicht wirklich viel übrig, das den hohen Preis rechtfertigen würde. Daran kann auch der gefällige Testbericht im QST nichts ändern. Über NR und NB steht dort kein Wort. Dafür wird eine Preamp-unabhängige S-Meteranzeige gelobt. Eines von vielen Versprechen, die bisher nicht eingelöst wurden.

Vielleicht sollte ich den KX3 verkaufen und mir doch noch einen FT-817 zulegen? Hier übrigens ein Vergleich zwischen FT-817 und KX3 in der Praxis: Teil1, Teil2.

Und die Moral von der Geschicht’? Ein niedriger Erwartungshorizont schützt vor Enttäuschung.

73 de Anton

Bilderrätsel: Wie heisst dieses Teil?

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