Tagesarchiv: 4. Dezember 2013

FM oder SSB, was geht weiter?

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Im Dezember QST der ARRL wird in einem Artikel untersucht, wie weit man mit den verschiedenen Betriebsarten kommunizieren kann, vorausgesetzt, es ist ein Pfad von genügender Länge vorhanden.

Darin kommen die Autoren zum Schluss, dass FM mit einer Bandbreite von 12.5 kHz der SSB-Modulation mit 2.5 kHz Bandbreite um 3dB überlegen ist.

Das würde heissen: Mit gleicher Sendeleistung und gleicher Antenne kann man weiter funken als in SSB.

Mir sind dabei fast die Augen rausgefallen und ich musste den Artikel zweimal lesen um zu sehen, wo der Hase im Pfeffer liegt und der Hund begraben ist.

Aus dem Artikel geht nicht klar hervor, ob und wie wirklich gemessen wurde, oder ob es sich dabei nur um eine theoretische Übung aufgrund gemessener Empfängerempfindlichkeiten handelt.

Wie auch immer: Die beiden Autoren unterliegen einem Kurzschluss und ich denke, dass das in der nächsten Zeit noch zu einigen Kommentaren führen wird. Der Hund liegt beim Noise der Übertragungsstrecke begraben, und der Hase liegt bei den unrealistischen Annahmen bezüglich notwendigem SNR im Pfeffer. Aber schauen mir mal, wie es wirklich ist:

In SSB kommt man immer noch weiter als in FM. Basta, oder Pasta, wie Pastafaris sagen. Davon kann sich jeder mit einem Multimode-Transceiver selbst überzeugen: Wenn das FM-Signal zu schwach ist, um verstanden zu werden und dann auf SSB umgeschaltet wird, klappt die Verbindung wieder.

K4SMG, Paul Bock, hat in seinem Artikel “Frequency Modulation vs. Single Sideband on the VHF Bands -What’s the Difference?” die Situation klar und verständlich zusammengefasst.

Er kommt zum Schluss, dass SSB 10 bis 12dB besser ist als FM.

Das ist recht viel, wenn man bedenkt, dass 6dB mehr, theoretisch die doppelte Reichweite bedeuten.

Doch wie sieht es in der Praxis aus?

Funkamateure mit leichtem Gepäck, vermischen da oft Birnen mit Äpfeln.

„Auf 2m ist in SSB nichts mehr los“, höre ich heutzutage oft.

„Was hast du denn für eine Antenne?“, lautet dann meine Standardfrage.

„Einen Blindenstock. Aber er hat 6dB Gewinn“, ist darauf die Antwort des Blindenstöcklers.*

Dabei vergisst der OM glatt den Verlust durch den Polarisationsunterschied von ca. 20dB. Das kommt davon, wenn man die Prüfungsfragen nicht versteht und die Antworten auswendig lernt und dafür der Antennenwerbung glaubt.

Daher nochmals für alle Newcomers: FM ist vertikal, SSB horizontal. Das ist keine spezifische Eigenschaft dieser Modulationsarten, sondern rührt daher, dass bei FM vertikale Antennen und für SSB horizontale Antennen verwendet werden. Das wurde nicht zur Komplizierung der Amateurfunkprüfungen erfunden, sondern hat historische Gründe.

Natürlich ist heutzutage auf 2m nicht mehr so viel los wie früher. Jetzt wo alle auf KW die Sau rauslassen können oder lieber mit ihrem Tamagotchi spielen. Doch so schlimm ist es nicht. Und wenn die Sonne in den nächsten Jahren den Hahn zudreht, wird sich vielleicht manch einer an die rauschenden Bänder im VHF und UHF Bereich erinnern.

20 dB Polarisationsdämpfung sind enorm viel. Es ist der Unterschied zwischen einem 1W und einem 100W Signal. Wir sollten das immer im Kopf behalten, wenn wir auf UKW Vergleiche anstellen. Auf KW spielt die Polarisation bei Weitverbindungen eine untergeordnete Rolle, denn hier dreht die Ionosphäre zusätzlich an der Schraube.

Doch jetzt habe ich die entscheidende Frage noch nicht beantwortet: Was geht weiter?

Wenn wir zwei Stationen mit je 50W FM an einem Blindenstock, mit zwei Stationen mit 50W SSB und je einer kleinen Yagi von etwa 2m Länge miteinander vergleichen, können die SSB Stationen etwa zwei bis viermal weiter voneinander entfernt sein, bis die Verbindung im Rauschen verschwindet.

“Aber das stimmt nicht”, höre ich jetzt einen meiner Spezis sagen. “Ich habe mit meinem Blindenstock auf 2m schon Finnland erreicht .”

“Das ist Sporadic E”, sage ich dann nach einem tiefen Seufzer, “Das geht noch mit dem nassen Finger als Antenne. Auch in FM.”

73 de Anton

*Blindenstock heissen die Dinger, weil sie oft auffällig weiss gefärbt sind.

Bild: Unser Haustier im Ferien-QTH in Südfrankreich