FM oder SSB, was geht weiter?

Ge3412

Im Dezember QST der ARRL wird in einem Artikel untersucht, wie weit man mit den verschiedenen Betriebsarten kommunizieren kann, vorausgesetzt, es ist ein Pfad von genügender Länge vorhanden.

Darin kommen die Autoren zum Schluss, dass FM mit einer Bandbreite von 12.5 kHz der SSB-Modulation mit 2.5 kHz Bandbreite um 3dB überlegen ist.

Das würde heissen: Mit gleicher Sendeleistung und gleicher Antenne kann man weiter funken als in SSB.

Mir sind dabei fast die Augen rausgefallen und ich musste den Artikel zweimal lesen um zu sehen, wo der Hase im Pfeffer liegt und der Hund begraben ist.

Aus dem Artikel geht nicht klar hervor, ob und wie wirklich gemessen wurde, oder ob es sich dabei nur um eine theoretische Übung aufgrund gemessener Empfängerempfindlichkeiten handelt.

Wie auch immer: Die beiden Autoren unterliegen einem Kurzschluss und ich denke, dass das in der nächsten Zeit noch zu einigen Kommentaren führen wird. Der Hund liegt beim Noise der Übertragungsstrecke begraben, und der Hase liegt bei den unrealistischen Annahmen bezüglich notwendigem SNR im Pfeffer. Aber schauen mir mal, wie es wirklich ist:

In SSB kommt man immer noch weiter als in FM. Basta, oder Pasta, wie Pastafaris sagen. Davon kann sich jeder mit einem Multimode-Transceiver selbst überzeugen: Wenn das FM-Signal zu schwach ist, um verstanden zu werden und dann auf SSB umgeschaltet wird, klappt die Verbindung wieder.

K4SMG, Paul Bock, hat in seinem Artikel “Frequency Modulation vs. Single Sideband on the VHF Bands -What’s the Difference?” die Situation klar und verständlich zusammengefasst.

Er kommt zum Schluss, dass SSB 10 bis 12dB besser ist als FM.

Das ist recht viel, wenn man bedenkt, dass 6dB mehr, theoretisch die doppelte Reichweite bedeuten.

Doch wie sieht es in der Praxis aus?

Funkamateure mit leichtem Gepäck, vermischen da oft Birnen mit Äpfeln.

„Auf 2m ist in SSB nichts mehr los“, höre ich heutzutage oft.

„Was hast du denn für eine Antenne?“, lautet dann meine Standardfrage.

„Einen Blindenstock. Aber er hat 6dB Gewinn“, ist darauf die Antwort des Blindenstöcklers.*

Dabei vergisst der OM glatt den Verlust durch den Polarisationsunterschied von ca. 20dB. Das kommt davon, wenn man die Prüfungsfragen nicht versteht und die Antworten auswendig lernt und dafür der Antennenwerbung glaubt.

Daher nochmals für alle Newcomers: FM ist vertikal, SSB horizontal. Das ist keine spezifische Eigenschaft dieser Modulationsarten, sondern rührt daher, dass bei FM vertikale Antennen und für SSB horizontale Antennen verwendet werden. Das wurde nicht zur Komplizierung der Amateurfunkprüfungen erfunden, sondern hat historische Gründe.

Natürlich ist heutzutage auf 2m nicht mehr so viel los wie früher. Jetzt wo alle auf KW die Sau rauslassen können oder lieber mit ihrem Tamagotchi spielen. Doch so schlimm ist es nicht. Und wenn die Sonne in den nächsten Jahren den Hahn zudreht, wird sich vielleicht manch einer an die rauschenden Bänder im VHF und UHF Bereich erinnern.

20 dB Polarisationsdämpfung sind enorm viel. Es ist der Unterschied zwischen einem 1W und einem 100W Signal. Wir sollten das immer im Kopf behalten, wenn wir auf UKW Vergleiche anstellen. Auf KW spielt die Polarisation bei Weitverbindungen eine untergeordnete Rolle, denn hier dreht die Ionosphäre zusätzlich an der Schraube.

Doch jetzt habe ich die entscheidende Frage noch nicht beantwortet: Was geht weiter?

Wenn wir zwei Stationen mit je 50W FM an einem Blindenstock, mit zwei Stationen mit 50W SSB und je einer kleinen Yagi von etwa 2m Länge miteinander vergleichen, können die SSB Stationen etwa zwei bis viermal weiter voneinander entfernt sein, bis die Verbindung im Rauschen verschwindet.

“Aber das stimmt nicht”, höre ich jetzt einen meiner Spezis sagen. “Ich habe mit meinem Blindenstock auf 2m schon Finnland erreicht .”

“Das ist Sporadic E”, sage ich dann nach einem tiefen Seufzer, “Das geht noch mit dem nassen Finger als Antenne. Auch in FM.”

73 de Anton

*Blindenstock heissen die Dinger, weil sie oft auffällig weiss gefärbt sind.

Bild: Unser Haustier im Ferien-QTH in Südfrankreich

12 Antworten zu “FM oder SSB, was geht weiter?

  1. SSB geht schon mal mit 6dB Nachteil an den Start, weil die Autoren bei einem 100W Tx SSB nur 25W Output zuordnen, FM dagegen 100W…
    Der Nutzwert dieses Artikels hält sich in Grenzen ;-)
    73 de Hansjörg

  2. Meiner Ansicht nach hat FM einzig seine Berechtigung beim Mobilbetrieb aus dem KFZ. Hier sind auch die Repeater praktisch und sinnvoll. Und ursprünglich waren sie ja auch genau dafür angedacht.

    Selbst portabel mit dem Handgerät würde ich lieber SSB machen. Es ist doch viel “funkamateurtypischer” und spannender, leiseste Signale herauszukitzeln und die Verbindung herzustellen, der FM-Kanalfunk mit zugemachter Rauschsperre hat doch dagegen eher den “Charme” von langweiligem Betriebsfunk.

    Und betreffend Aktivität bzw. Agilität, da kann ich absolut keinen Zusammenhang zum Lebensalter feststellen. Ich kenne 70-jährige, die SOTA-mäßig (auch in 2m-SSB!) fast jedes WE irgendwo herumklettern und 30-jährige OM´s, die vor Jahren einmal bei einem Contest mitmachten, seitdem nichts mehr, und dann immer noch davon erzählen, als wären sie bei der Mondlandung dabei gewesen.
    Und das Ganze gibts natürlich auch umgekehrt, ich kenne altgediente OM´s, die nichtmal mehr eine Antenne im Shack umstecken wollen, weil zuviel Aufwand.

    P.S.
    Mein persönlicher Rekord für 2m SSB direkt (ohne Es oder Tropo) mit 5Watt und HB9CV liegt bei 233km Luftlinie. Von 800m Seehöhe aus.

  3. Hmmmmmm interessant!
    Jetzt bin ich schon etwas durcheinander…
    EME, die Königsklasse habe ich auch schon gesehen und dabei fällt mir ein, dass die Jungs von HB9MOON sogar in FM via Mond gesendet haben. Das FM Echo war weit besser zu verstehen als das SSB Echo! (ERP war bei beiden Modulationsarten mehrere kw , ab einem 10m Dish)
    Was geht jetzt wirklich weiter!?
    Nein, den Mond kann man wohl nicht als Referenz nehmen, denn ich weiss jetzt nicht genau, wie sich das mit der Streckendämpfung verhält!?

    UKW DX, ich steh drauf!

    vy 73

  4. @ Anton
    Wenn wir zwei Stationen mit je 50W FM an einem Blindenstock, mit zwei Stationen mit 50W SSB und je einer kleinen Yagi von etwa 2m Länge miteinander vergleichen, können die SSB Stationen etwa zwei bis viermal weiter voneinander entfernt sein, bis die Verbindung im Rauschen verschwindet
    Hmmmm und wie ist das mit FM und Yagi????

  5. @ zurcher
    Wenn Du auf VHF-DX stehst, was hast Du denn in FM schon gearbeitet? :-)

    Jedenfalls, FM hat bedingt durch die notwendige Empfänger-Bandbreite 6 – 8dB höheren Noisefloor und benötigt für verständlichen S/N Abstand noch zusätzlich 4dB. In Summe kann man daher mit SSB 10 -12dB schwächere Signale empfangen als mit FM aufgrund der geringeren Bandbreite (schmälere Bandbreite bedeutet weniger Empfängerrauschen und höhere Empfindlichkeit) und der Möglichkeit, Signale viel näher der Rauschgrenze zu empfengen. Darum nennen die Ami´s VHF-SSB auch treffend: Low Signal Work.
    Ab einer größeren Signalstärke ist FM wieder für das Ohr verständlicher und angenehmer. Aber darum gehts eben gerade bei VHF-DX, auch die schwächsten Signale zu entziffern bzw. decodieren. Der von dir erwähnte HB9MOON gehört, wie W5UN zu den absoluten Big Guns. Aber (vielleicht) der Rekord in QRPPP für EME wurde von DJ7AL mit 200Watt und HB9CV mit W5UN und RN6BN aufgestellt, natürlich in JT65, da wäre in FM aber sicher gar nichts mehr zu hören gewesen. Bei EME wird um jedes Zehntel dB gekämpft.

    Eine gute und verständliche Erläuterung gibt es hier (in Englisch):

    http://www.hamuniverse.com/k4msgfmvsssbvhf.html

    Betreffend Polarisation, im Freiraum wäre Vertikal oder Horizontal, bei gleichem Gewinn, ohne Unterschied. Auf der Erdoberfläche hat aber die horizontale Polarisation leichte Vorteile, da die Wälder und Pflanzen, mit ihrer durch die Stammfeuchtigkeit eher vertikalen Dämpfung der Funkwellen, etwas weniger abschwächen.

    vy73!

  6. Genauso ist es lieber Zurcher69. Das Funksignal muss gegen das Rauschen im Übertragungskanal konkurrieren. Je breiter das Signal ist, desto mehr Rauschen nimmt der Empfänger mit dem Signal zusammen auf. Ein SSB Signal muss nur gegen das Rauschen in einem 2.5 kHz Kanal antreten, das FM Signal jedoch gegen das Rauschen eines 12.5 kHz Kanals. Das sind 7 dB mehr Rauschleistung.
    Rauschen tut alles, was wärmer als 0 Grad Kelvin ist. Je heisser, je mehr. Die Erde, die Atmosphäre, die Sonne, die Planeten und die ganze Milchstrasse. Auch der Mensch rauscht, was man sehr schön demonstrieren kann, wenn man seine Hand vor den Feed einer 10 GHz Station hält.
    Hinzu kommt, dass ein FM-Demodulator (Diskriminator) die Eigenschaft hat, bei sehr schwachen Signalen ins Stottern zu geraten. Das Signal wird dann unlesbar. Bei SSB ist das nicht der Fall. Das sind nochmals einige dB Vorteil, wie Herbert bereits erklärt hat.
    CW ist natürlich noch besser als SSB, übrigens auch ohne Filter, sofern keine anderen Stationen in der Nähe stören. Denn unsere Ohr hat bereits ein „eingebautes“ 100Hz Filter. Gegenüber SSB hat CW daher nochmals einen 14dB Vorteil. Darum ist die Telegrafie die bevorzugte QRP Betriebsart.
    Noch besser schneiden gewisse digitale Verfahren ab, da sie nochmals weniger Bandbreite benötigen und die SW noch ein besseres Filter darstellen kann als das Ohr.
    Generell gilt jedoch: Je schmaler das Signal, desto weniger Informationen können übertragen werden, bzw. desto langsamer muss die Übertragung vonstatten gehen. Beispiele sind QRSS, WSPR und JT65.
    73 de Anton

  7. @Herbert
    ich habe keinen UKW Leistungsausweis von 233km. Ich bin interessierter SWL. Dafür habe ich schon fast alle Länder Europas auf 2m als SWL bestätigt. Alles Es und teilweise MS,
    Ja, und die Digitalen wie JT65 sollte man mal aussen vor lassen. Da helfen Rechner mit, das nicht empfangene zu empfangen. Nur seltsam, wenn die PC Uhren nicht stimmen, dann wird nichts mehr empfangen resp. dekodiert. Es ist genau festgelegt, wer wann sendet, also weiss man (der Rechner) was kommen sollte.
    Hätte man also ein FM Sked, und weiss, dass man genau um 23:55:30 für 60 Sekunden gerufen wird, ich würde die Gegenstation aus dem Rauschen hören, oder?

    vy 73

    • Hätte man also ein FM Sked, und weiss, dass man genau um 23:55:30 für 60 Sekunden gerufen wird, ich würde die Gegenstation aus dem Rauschen hören, oder?

      Wie Anton und ich erläutert haben, hängt die Beantwortung deiner Frage jetzt mit der Stärke des empfangenen Signals zusammen. Also ganz pragmatisch:

      Starkes Signal: Verständlichkeit FM und SSB gleich gut, FM aber angenehmer fürs Gehör.
      Schwaches Signal: Gute Verständlichkeit in SSB, in FM etwas schlechter, aber noch brauchbar, deutlicher Rauschanteil.
      Sehr schwaches Signal: FM nur noch Wortfetzen, lautes Rauschen.
      SSB zwar leise, aber alles klar verständlich.

      Gratulation zu deinen Erfolgen betreffend bestätigter Länder auf 2m!

      vy73!

  8. Wie sieht es dann noch aus zwischen AM und FM ?
    In Amerika war ja lange Zeit nur AM auf CB erlaubt.

    Wo wird auf AFU in AM noch gesendet?

    Flugfunk wird ja nur auf AM gesendet und die Weltweiten teilweise auch in SSB sagte mir ein Spoter.

    Danke für paar Infos.

    • Ich will Anton nicht in den Blog pfuschen, immerhin gehts hier um FM / SSB. Schau mal bei diesem Link unter “Historisches”, da stehen die Nachteile gut erklärt: http://de.wikipedia.org/wiki/Amplitudenmodulation

      Die amerikanischen CB-Funker sind sicher aus Kompatibilitätsgründen noch auf AM, ebenso der Flugfunk. FM ist wesentlich störungsunempfindlicher (empfangsmäßig und auch sendemäßig betreffend Einstrahlstörungen in Unterhaltungselektronik)

      Auf AFU weiß ich nur von ein paar Retro-Spezialisten, die AM-Runden durchführen. Da bei AM ein Träger sowie zwei Seitenbänder mit gleichem Informationsgehalt gebildet werden ist es naheliegend, den Träger sowie ein Seitenband auszublenden und schon hat man das wesentlich leistungsfähigere SSB. Darum hat AM im AFU eigentlich keine Bedeutung mehr.

      Vy73!

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