Tagesarchiv: 11. August 2013

Keine Panik, bitte!

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Gerade habe ich das HB-Radio gelesen.

Ins Auge gesprungen ist mir ein Artikel von Willi, HB9AMC. Er erklärt darin, dass die USKA eine Taskforce „Gesetzliche Rahmenbedingungen des Amateurfunks“ gegründet habe. Das ist an und für sich eine gute Sache und gehört meines Erachtens zu den Kernaufgaben der USKA.

Doch als ich den Artikel las, beschlichen mich leise Zweifel.

Ziel ist es, wie er schreibt: „…unseren Besitzstand, der vor 2009 absolut unbestritten war, wieder zurückzuerobern.“

Zurückerobern, zurück zu 2009, eine Rückwärts-Strategie also?

Je weiter ich mich durch den Artikel las, durch die Argumente und Schlussfolgerungen, desto mehr entstand vor meinem inneren Auge das Bild eines Don Quijotes. Und ich fragte mich, ob dieses Vorgehen wirklich erfolgsversprechend sei.

Die Zeit lässt sich nie zurückdrehen. Auch wenn wir uns das oft wünschen, wenn wir älter werden. Was wir verpasst haben, haben wir verpasst. Davon ist die USKA nicht ausgenommen. Sie hat den Zug verpasst und jetzt rennt sie hinterher, versucht noch aufzuspringen um dann die Notbremse zu ziehen.

Es ist müssig, nach dem Warum und Wieso zu fragen und Schuldige zu suchen. Schuld sind wir vermutlich alle, die in diesem Verein sind.

Aber ist die Rückeroberung „unseres Besitzstandes“ wirklich die richtige Strategie? Wäre eine Vorwärts-Strategie nicht besser?

Dass unser kleines Land im Herzen Europas immer mehr nach dem Takt der EU marschieren muss, können wir Funkamateure nicht verhindern. Wir werden in Zukunft uns immer mehr anpassen müssen, um zu „überleben“. Wer das nicht glaubt, verfolge die Geschichte des Bankgeheimnisses in den vergangenen Jahren und vergleiche z.B. die Aussagen von Alt-Bundesrat Merz mit der heutigen Situation. Dagegen ist diese Sache mit dem CE-Zeichen für Funkamateure ein Klacks. Was wir heute noch als in Stein gemeisselt ansehen, kann morgen schon nicht mehr gelten.

Vielleicht sollten wir uns für ein Europäisches Amateurfunkgesetz einsetzen? Uns zusammentun mit den anderen Verbänden Europas und gemeinsam für unsere Interessen arbeiten. Halt in Brüssel, wenn’s sein muss, und nicht in Bern.

Der Zug mit dem CE-Zeichen ist meines Erachtens abgefahren. Doch der nächste kommt bestimmt. Wir sollten uns darauf vorbereiten.

Gewundert habe ich mich beim Lesen darüber, wie sich das BAKOM angeblich aus der Verantwortung gestohlen habe und den schwarzen Peter nun dem SECO zuschiebe. Das BAKOM möchte von der USKA nicht weiter behelligt werden, steht da, und interessanterweise erteilt die USKA den Betroffenen den Rat, gegen Bussen des BAKOM nicht vor Verwaltungsgericht zu rekurrieren.

Das heisst doch im Klartext: Die USKA hat keinen Ansprechpartner mehr und sie hat Angst, dass das Verwaltungsgericht die heutige Praxis des BAKOM bezüglich CE zementieren könnte.

Die Kuh ist also auf dem Eis und was machen die alten Herren?

Anstatt sie runterzuholen, machen sie auf Revolution und wollen lobbyieren, nur wissen sie noch nicht so recht wo. Denn die alten Seilschaften sind futsch.

Das sind keine guten Nachrichten und bestärken mich in meiner Ansicht, dass eine Rückwärts-Strategie geringe Aussichten auf Erfolg hat. Doch wie schlimm ist es wirklich?

Ich habe nochmals die neusten Vorschriften des BAKOM zum Amateurfunkdienst genau unter die Lupe genommen, und ich stellte folgendes fest:

  1. Wir haben heute so viele Frequenzen/Bänder wie noch nie. Das BAKOM war in dieser Hinsicht immer zuvorkommend.
  2. Wir können mit digitalen Betriebsarten experimentieren, wie nie zuvor. Das BAKOM ist uns sehr entgegengekommen.
  3. Wir dürfen nach wie vor unsere Funkgeräte selbst bauen, und benötigen dazu keine Konformitätsprüfung (CE-Zeichen)
  4. Wir dürfen unsere Funkgeräte, auch die mit CE-Zeichen, modifizieren.
  5. Bausätze brauchen generell kein CE-Zeichen
  6. Der Amateurfunkdienst wird nach wie vor als Experimentalfunkdienst betrachtet.

Was wir jedoch nicht mehr dürfen:

  1. Wir dürfen keine Geräte ohne CE-Zeichen importieren und, besonders interessant:
  2. unsere alten Transceiver (vor 2001) nicht mehr veräussern. Wir dürfen sie aber selber noch weiterbetreiben. Der Verkauf all des alten Schrotts auf Ricardo ist also illegal.

Das ist zwar suboptimal aber im Grossen und Ganzen sind das nach wie vor sehr gute Rahmenbedingungen und kein Anlass in den Panikmodus zu verfallen.

Eigentlich entsprechen diese Vorschriften sogar dem ursprünglichen Geist des Amateurfunks. Bauen wir doch unsere Handys selbst, anstelle der Baofengs und Weierweis und wie sie alle heissen. Und behalten wir doch die Collins, Drakes und Hallicrafters, bis sie eines Tages unsere Erben in den Alteisen-Container werfen ;-)

73 de Anton

Disclaimer: Ich bin kein Befürworter eines EU-Beitritts.