Langdraht-Antenne: Stahl oder Kupfer?

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Das ist eine Frage, die sich sicher schon viele OM gestellt haben. Denn Stahl ist leichter und stärker und, abhängig von der Legierung, sogar rostfrei. Also das ideale Baumaterial für eine Langdrahtantenne.

Doch die bange Frage ist: Wieviel verliere ich, wenn ich ein Stahlseil anstelle der Kupferlitze nehme? Denn Stahl leitet nicht nur 5-8 Mal schlechter als Kupfer. Durch den Skineffekt fliessen die HF-Ströme nur an der Oberfläche des Leiters und damit wird der elektrische Widerstand noch zusätzlich erhöht. Aber es kommt noch schlimmer: Bei eisenhaltigen Materialien ist die Eindringtiefe schlechter als bei Kupfer. Rund um einen Faktor zehn.

Einfach mit dem Multimeter den Widerstand zu messen, ist also zwecklos. Der OM muss rechnen. Doch es gibt zwei Dinge, vor denen sich der OM scheut: Spulenwickeln und Rechnen ;-)

Sieht man sich in Foren um und hört man auf den Bändern, wird gar vieles behauptet. Die einen sagen, es spiele keine Rolle, man merke den Unterschied zwischen Kupfer und Stahldraht nicht. Andere behaupten das Gegenteil.

Glücklicherweise gibt es OM, die dieser Frage rechnerisch auf den Grund gegangen sind und nicht nur aus dem hohlen Bauch heraus. Einer davon ist DL3LH. Er kommt in einem Beispiel zu dem Schluss, dass man bei einem 80m Dipol 4.68 dB verliert, wenn man Eisen anstatt Kupfer verwendet. Das ist viel: rund eine S-Stufe Verlust! Aber es kommt noch schlimmer: Das SWR lässt sich nicht mehr kleinkriegen. Der Strahlungswiderstand beträgt im Resonanzfall 91 Ohm (bei 10m Höhe).

Heutzutage nimmt uns der Computer das Rechnen ab, und mit einem gescheiten Programm sogar auch die Formelklauberei. Wir brauchen nur noch reinzutippen, was wir zu glauben wissen und bekommen ein Resultat an das wir glauben können. Das wäre der religiöse Teil gewesen, und nun zur Praxis:

Wir starten ein Antennen-Programm. Zum Beispiel das beliebte MMANA-GAL. Dann versetzen wir uns in die Lage eines OM in einem heutigen modern verdichteten Einfamilienhaus-Quartier. Mit etwas Glück kann er etwa 20 bis 30m Draht aufhängen. Nehmen wir an, der OM entscheidet sich für eine Inverted L. 8m vertikal und 20m horizontal. Der OM nennt das dann Langdraht und will damit auf 160, 80 und 40m funken. Als Gegengewicht nimmt er, was er hat. Im Notfall den Hühnerstall des alternativen Nachbarn.

In MMANA kann man zwischen Kupfer und Eisen wählen, der Skineffekt steckt bereits im Programm. Wir wählen für den Draht R=0.8 und sind bei der Erde zuversichtlich. Und hier sehen wir, was dabei rauskommt:

160m (1.91MHz):  7.62 dB Unterschied!

80m (3.65MHz): 5.07 dB

40m (7.05 MHz): 3.68 dB

Fazit: Eisen runter, Kupfer rauf. Auch normale isolierte Kupferlitze ist ok. Wenn sie sich im Verlaufe der Zeit etwas dehnt, ist das für die heutigen automatischen Antennentuner kein Problem. Allerdings würde ich von verzinnter Litze Abstand nehmen. Doch das ist jetzt eine simple Behauptung. Wie es mit dem Zinn als HF-Leiter steht, habe ich nicht untersucht.

Alu ist dagegen nicht viel schlechter als Kupfer. Es leitet zwar schlechter als Cu, doch die Eindringtiefe ist etwas grösser.

73 de Anton

Bild: Cote d’azur, kurz vor Theoule sur mer

7 Antworten zu “Langdraht-Antenne: Stahl oder Kupfer?

  1. Wenn man möchte kann man auch die positiven Eigenschaften beider Materialien verbinden indem man Kupferlitze über Stahlseil spannt. Dann sollte aber das Stahlseil nur Trägerseil sein und nicht mit Kupfer zusammengeschlossen werden (zwischen Kupfer und Stahl entsteht eine kleine Gleichspannung und im RX könnte es prasseln). Bei einem Dipol sollte das Stahlseil beim Balun geteilt werden (linker b.z.w.recher Schenkel). Desweiteren kann es sein, dass das Trägerseil und das Kupferkabel unterschiedliche längen haben müssen um auf das gewünschte Resultat (niedriges SWR) zu kommen.
    Das Experimentieren ist die halbe Freude am Funken…
    Schöne Grüße

  2. hmpf … ich habe IMMER WIEDER Probleme damit, Kommentare auf Deiner Seite zu schreiben, da kommt immer, natürlich nachdem man den Kommentar geschrieben hat, so ein bescheuertes Anmeldefenster wo ich stets abgewiesen werde …

    -das- hier wollte ich dazu kommentieren:

    Hy Anton! … nun, ich empfehle (und verwende) gerne Alu-Schweissdraht von der Rolle. Fausregel: Drahtstärke doppelt so grosss wie Kupfer verwenden, dann ist der Widerstand gleich (und Oberfläche größer), dabei kaum Durchhang und es dehnt sich auch nicht im Laufe der Zeit. Nur das Aufhängen ist etwas “hakelig” … man darf dabei keine “Kinken” im Draht haben, denn da bricht sonst später der spröde Draht. Aber ansonsten, (für mich) der perfekte Antennendraht für längere Kurzwelleantennen. >Meiner Meinung nach hat das Verzinnen keinen positiven Effekt auf die Oberflächenleitfähigkeit, ganz im Gegenteil. Versilbern wäre deutlich besser >+vy73 >Dietmar, DL4HAO

  3. Oh, da wirfst du uns mit einfachen Mitteln in eine theoretisch hochkomplexe Materie rein, Anton!
    Schon der gute alte Meinke Gundlach gibt ziemlich viel über den Skineffekt her. Bei Google Books findet man die entsprechenden Seiten, falls man ihn nicht im Regal hat.

    Zur Thematik verzinnt/ nicht verzinnt habe ich bei einem Datenmenschen etwas gefunden:

    http://www.quabbin.com/page2266.html

    Netzwerkkabel sind ja auch HF-Kabel und deshalb ist seine Schlussfolgerung auch für uns interessant: entscheidend ist die Verhinderung von Oxydation auf der Kupferoberfläche. Deshalb ist eine Verzinnung sinnvoll (aber natürlich nicht die einzige Möglichkeit).

    Sobald ich mein Projekt einer als Baumabspannung getarnten Inverted V realisiere, benötige ich etwas auf Zug hoch Belastbares mit einem gut leitenden Mantel: da wird ich wohl bei DX-Wire fündig werden.

    Danke für das interessante Futter, Anton. Fast hätte ich dabei vergessen, an die Sonne zu gehen :-)
    Einen wunderschönen Tag wünscht
    Hansjörg HB9EWH

  4. Gratuliere Bruno
    auf 80m zirka 10dB minus gegenüber Kupfer. Also minus eine Kilowatt-Endstufe. Mach den Draht doch noch ein wenig dünner, dann bist du angenehm leise ;-)
    73 de Anton

  5. Hallo,
    als Alternative gibt es ja auch DX-Wire, z.B. die Variante Kupfer versilbert mit Edelstahlkern. Hat sich bei mir super bewährt, nachdem reine Kupferlitze die Bewegung der Bäume trotz Umlenkrollen und genug Spiel alle 4 Monate irgendwo gerissen war.
    Gruss
    Mathias

  6. Als Kurzwellenhörer habe ich auch schon viele Versuche mit Drahtantennen gemacht. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Drähte wirklich möglichst aus Kupfer und einen grossen Querschnitt haben sollten. Ein Stahldraht gleicher Länge brachte bei meiner Empfangsanlage bis zu 2S Stufen weniger Signal (beide Drähte waren jeweils abgestimmt)
    Anderst sah es aus, als ich etwas über 170m Hütedraht mehrardrig verwoben mit Kunststoffgewebe 1.5cm (von der Landi) in 20m Höhe spannte. Da war der Hütestahl dem Kupfer überlegen.

    vy 73

  7. Hallo Toni

    Also ich habe aus diesem Grund vor einigen Wochen das 3mm starke Stahlseil gegen 2.5mm Kupferlitze ausgetauscht. Die Antenne ist ein Dipol von 2x40m für das 160m Band.

    Die Antennensoftware gab bei mir auch gut 8dB Unterschied an. Das ist gewaltig viel – fast soviel wie meine Endstufe verstärkt!

    In der Praxis bestätigte sich die Theorie eindrücklich. Mein “Nachbar” in gut 4km Entfernung kommt seitdem gut 10dB stärker an und mein Signal auf der Montagsrunde ist glaub ich auch nicht das schwächste.

    Wir sind also unabhängig voneinander auf das selbe Resultat gekommen.

    Viele Grüsse von HB9FLU, Manfred

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