Tagesarchiv: 10. Januar 2014

Aktivantennen

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Immer wieder werden Aktivantennen als Wunder oder neue Erfindung angepriesen. So hört man etwa:

„Schau mal! Die ganze Antenne ist nur so gross wie eine Zigarettenschachtel und viel besser als mein Dipol.“

„Es ist ein ganz neues Prinzip, das erfunden wurde.“

„Sie funktioniert ohne Verstärker, nur mit einem Impedanzwandler.“

In der Tat sind Aktivantennen für einen SWL oft die beste Lösung. Mit einer winzigen, unauffälligen Antenne kann der ganze Bereich von Längstwellen bis Kurzwellen empfangen werden. Vorausgesetzt das Teil wird ausserhalb des häuslichen Störnebels montiert.

Doch beim Funkamateur sieht die Bilanz durchzogen aus. Zum Senden ist sie nicht zu gebrauchen, höchstens als abgesetzte Empfangsantenne, wenn die Sendeantenne im Störnebel hängt. Doch das ist bei den heutigen Wohnverhältnissen schwierig. Und so kommt es wie es kommen muss: meistens ist die eigene Sendeantenne für den Empfang gleich gut oder sogar besser, als die Aktivantenne auf dem gleichen Grundstück. Anders sieht es natürlich aus, wenn man via Internet auf eine entfernten, ruhigen Empfangsort Zugriff hat.

Aktivantennen gibt es schon seit Jahrzehnten und ihr Prinzip ist immer gleich geblieben. Wunder gibt es auch hier nicht, denn auch Aktivantennen müssen sich an die geltenden physikalischen Regeln halten ;-)

Und das bedeutet: Eine Aktivantenne mit ihrer postkartengrossen Antennenfläche ist von Längst- bis Kurzwelle viel kleiner als eine Viertelwelle und deshalb überwiegt die kapazitive Komponente. Der Realteil ist winzig klein, der Blindanteil bestimmt die Impedanz. Diese ist extrem hoch und wird mit zunehmender Wellenlänge immer grösser, bis in den Megaohmbereich hinein.

Eine solche Antenne mit einer riesigen Spule auf einer Frequenz in Resonanz zu bringen ist ein hoffnungsloses Unterfangen und würde den Frequenzbereich sinnlos einschränken.

Zudem muss eine Antenne nicht resonant sein, um senden oder empfangen zu können, wie wir spätestens seit den praktischen Remote-Tunern von CG, MFJ und SGC wissen.

Das einzige was klappen muss: die Impedanz der Antenne muss an die 50 Ohm des Kabels angepasst werden. (Bei dieser Gelegenheit fällt mir immer der frischgebackene OM ein, der versuchte die Kabelimpedanz mit dem Multimeter zu messen J)

Bei der Aktivantenne schafft die Transformation ein Feldeffekttransistor. Er arbeitet als Impedanzwandler. Das heisst, er transformiert die hohe Impedanz auf eine niedere. FET’s haben eine sehr hohe Eingangsimpedanz und sind dafür prädestiniert. Man muss bloss darauf achten, dass man nicht durch eine externe Beschaltung die ganze Chose wieder verschlechtert.

Je kleiner eine Antenne ist, je kleiner ist auch die aufgefangene Strahlungsleistung. Eine reine Impedanzwandlung reicht also nicht. Daher sitzt nach dem FET eine Verstärkerstufe in der Aktivantenne und hebt den Pegel auf einen brauchbaren Wert an. Natürlich möglichst rauscharm und intermodulationsfrei.

Die populärste Aktivantenne, die heute von vielen SWL’s und Funkamateuren eingesetzt wird, ist die Mini-Whip nach PA0DRT. Sie ist hier auch als Bausatz erhältlich. Ausserhalb des häuslichen Störnebels grenzt sie tatsächlich an ein Wunder. Eine Antennenbewilligung kann man sich sparen, keine langen Drähte, kein glänzendes Aluminiumgerüst. Empfang von Längstwelle bis über 30MHz.

Doch wie gesagt: auch eine Aktivantenne muss sich an die physikalischen Spielregeln halten. Und eine davon heisst: Jede Antenne hat zwei Pole. Entweder ist sie ein Dipol oder das Gegengewicht ist die Erde. Das ist bei der Aktivantenne nicht anders. Die winzige Postkartenantenne arbeitet einfach mit dem Koaxialkabel als Gegengewicht. Wie übrigens alle einbeinigen „Wunderantennen“. Wenn man nicht aufpasst, können über den Koaxmantel Störungen aus dem Haus zur Aktivantenne verschleppt werden.

Wie überall ist natürlich die Konkurrenz nicht weit. Und für die herkömmliche Aktivantenne ist diese die magnetische Aktivantenne. Mit einem kleinen Loop pickt sie die magnetische Feldkomponente anstelle der elektrischen aus dem Æther. Doch bei der Minischleife ist es gerade umgekehrt wie bei der Postkartenantenne: Die Impedanz ist extrem niedrig und muss herauftransformiert werden. Die Schaltung ist daher nicht die gleiche.

Während die elektrische Aktivantenne keine Richtwirkung hat, besitzt die magnetische Aktivantenne eine Richtwirkung mit zwei ausgeprägten Nullstellen. Das kann sehr nützlich sein, wenn es darum geht, eine Störquelle auszublenden.

Zum Schluss noch eine persönliche Erfahrung. Ich habe schon etliche Aktivantennen gebaut und probiert. Immer in der Hoffnung auf 136, 472 und 1800 kHz einen störfreieren Empfang zu haben. Das ist mir nie gelungen. Meine Sendeantennen waren immer auch die besten Empfangsantennen. Das lag daran, dass ich mit den Aktivantennen nie weit genug weg kam – in Gebiete mit weniger Störungen. Eine Frage der Grundstücksgrenzen.

73 de Anton

Bild: Tecsun PL880, ein interessantes Teil mit DSP Filtern. Leider ist die AGC für SSB/CW nicht auf Amateurfunkstandard und gruselig zum anhören. Der beste Reiseradio ist immer noch der FT-817 ;-)