Tagesarchiv: 29. August 2011

200m and down

Zurzeit wird über die Zukunft des ehemaligen Schiffsfunk-Bereichs um 500 kHz diskutiert. Die Weichen werden vermutlich an der nächsten Radiokonferenz im Februar in Genf gestellt. Dass unser neustes Amateurfunkband bei 136 kHz eine ähnliche Geschichte hat, wissen aber nur noch wenige. Auch vielen ehemaligen Schiffsfunkern ist nicht bekannt, dass die 2200m Welle früher im Schiffsfunk eingesetzt wurde. Zum Beispiel von der legendären niederländischen Küstenfunkstelle Scheveningen Radio, PCH, die am 31.Dezember 1998 für immer verstummte.

Anruffrequenz war in diesen Pionierzeiten 2100m, Arbeitsfrequenz 2222m. Auch im Protokoll der Internationalen Radiokonferenz von Atlantic City 1947 ist der Bereich von 130 bis 150 kHz noch dem “Maritime Radio” zugeteilt. Mit der Anruffrequenz 143 kHz. Doch nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Langwelle für den Schiffsverkehr aufgegeben. Der Schiffsfunk hatte sich endgültig auf der Mittelwelle und der Grenzwelle etabliert. 415-526.5 kHz mit der Anruf und Notfrequenz von 500 kHz (mit einem Freibereich von +/- 5kHz) standen auf der Mittelwelle zur Verfügung. Dort fand der Verkehr ausschliesslich in Telegraphie statt. Für Telefonie stand der Grenzwellenbereich, zu dem auch unser 160m Band gehört, mit der Anruf- und Notfrequenz 2182 kHz, zur Verfügung. Wir funken also auf historischen Frequenzen. Noch im Protokoll der WARC 1979 – das ist die Radiokonferenz bei der wir die sogennanten WARC Bänder erhielten – war der Bereich 130 bis 150 kHz für den Schiffsfunk reserviert und wurde auch noch für die Ausstrahlung von Nachrichten und Wettermeldungen benutzt. Noch immer sendet der Deutsche Wetterdienst auf 147.3 kHz Wetterkarten in Faksimile.

Auf welcher Frequenz die Titanic funkte, als sie kurz vor Mitternacht am 14. April 1912 mit einem Eisberg zusammen stiess, kann heute nicht mehr rekonstruiert werden. War es Langwelle oder Mittelwelle? Das Schiff hatte eine Anlage an Bord, die von 100 – 2500m Wellenlänge betrieben werden konnte. Einige behaupten, die Titanic hätte bereits auf 600m, also auf 500 kHz gefunkt. Ich vermute, dass es die Langwelle war. Man bevorzugte damals die längeren Wellen und dachte: je länger, je besser. Zudem waren die Frequenzen noch nicht reguliert, jeder funkte, wo er gerade wollte, und oft störten noch die Funkamateure den Schiffsverkehr, bis sie auf “200m and down” * verbannt wurden. Auf die damals als unbrauchbar angesehenen kurzen Wellen. Mit dem 136 kHz Band kehren wir wieder dorthin zurück, wo unsere Geschichte ihren Anfang nahm: über 200 Meter.

73 de Anton

* De Soto, 200m & down