Der Patient

Der Patient

Da ich nie in einem Entwicklungslabor gearbeitet habe und stattdessen mein Leben zwischen Excel und Powerpoint verbrachte, muss ich nun das Verpasste nachholen.

Und so kommt es, dass ich jede Menge Leichen im Keller habe. Kistenweise. Unbrauchbar. Unverkäuflich. Wobei bei letztem Punkt Zweifel angebracht sind, wie Ricardo zeigt. Schrott erreicht dort immer wieder Höchststände.

Die letzte Leiche ist oben im Bild zu sehen. Vermutlich werde ich sie sezieren und rezyklieren.

Es ist ein Verstärker, der das 136kHz-Signal vom „Drive“-Ausgang meines TS-590 auf einige zehn Watt anheben sollte. Mit Ach und Krach hat er es auch geschafft und ich habe auf 137.5 kHz ein bisschen „geflüstert“. Allerdings erfolglos. Doch das liegt vermutlich nicht an der Schaltung.

Die hat nämlich andere Probleme. Sie ist alles andere als stabil und schwingt zwischendurch mal gerne dort wo es ihr passt.

Dabei habe ich sie doch bloss kopiert. Und zwar von hier. Doch ist mir in einem ersten Anlauf prompt entgangen, dass der liebe Roger bei seiner Erdantenne alles andere als 50 Ohm hat. Aber ich will euch nicht mit Impedanz-Problemen langweilen, sondern nochmals mit einer Kondensator-Geschichte.

Auf Langwelle stösst man mit Glimmer-Kondensatoren an Grenzen. Grosse Kapazitäten sind gefragt und die erreicht man halt nur mit Folienkondensatoren.

Natürlich habe ich mal eingelötet, was so rum lag. Doch bei 30 – 40W Auspuff kamen die Teile schon arg ins Schwitzen. Die Kondensatoren liefen heiss!

Das war der Moment, die Dinger genauer anzuschauen und das „Kleingedruckte“ zu lesen.

Und nun die Moral von der Geschicht:

Um Leistung zu koppeln und zu filtern, sollte man im Langwellenbereich nur Polypropylen-Kondensatoren verwenden. Die billigeren Polyester-Kondensatoren sind ungeeignet. Das Dielektrikum weist bei Langwelle bereits zu hohe Verluste auf und sie sind wenig temperaturstabil. Tiefpassfilter mögen das nicht. Zwar sind mir noch andere Exoten über den Basteltisch gelaufen. Polykarbonat- und Metallpapierkondensatoren zum Beispiel. Doch die sind im selben Spital krank. Einzig die guten alten Styroflex (Polystyrol-Kondensatoren) wären noch eine Alternative. Aber sie werden heutzutage nicht mehr gefertigt und sind nur für niedere Spannungen und Temperaturen zu gebrauchen.

Wie kann ich aber die „Guten“ von den „Bösen“ unterscheiden?

Bei WIMA ist es einfach: MKT steht für metallisierter Polyester-Kondensator. MKP für metallisierter Polypropylen-Kondensator. FKT und FKP haben keine metallisierten Kunststofffolien sondern Einlagen aus Metallfolien und vertragen noch etwas höhere Ströme. Sie sind aber auch grösser.

Bei den Chinesen heissen die Polypropylen-Kondensatoren CBB. Man findet sie zum Beispiel in der E-Bucht. Allerdings nur in Harz getaucht und nicht im Becher vergossen. Ich gebe in diesem Fall dem deutschen Qualitätsprodukt den Vorzug. Nebst WIMA natürlich auch Roederstein (ERO-Kondensatoren, heute Vishay) und EVOX/RIFA (heute Kemet). Dort sind die Bezeichnungen zum Teil anders als bei WIMA.

Kurz: Für Senderendstufen/LPF im KW-Bereich nur Glimmer, für Langwelle nur Polypropylen (MKP, FKP) (wenn keine Glimmer zur Verfügung stehen).

73 de Anton

11 Antworten zu “Der Patient

  1. Wenn du den richtigen Keramikkondensator-Typ einkaufst, dann wirst Du sehen, dass es auch sehr gut mit Keramik geht. Schau mal im Servicemanual Deines TS-590, was für Keramikkondensatoren Du im Tuner und im Low Pass Filter vorfindest. Diese Typen sind sicher in Ordnung.

  2. Dabei ist der Afu-Bereich für Kenwood doch nur Peanuts. Bisher wurden ca. 10’000 TS-590 verkauft. Bei 2000.- pro Gerät macht das gerade mal 20 Mio Umsatz über alle Stufen hinweg. Und das über vier Jahre! Also 5 Mio pro Jahr. Zum Vergleich: 2006 machte Kenwood total 1.68 Mia. $ Umsatz. Erstaunlich, dass die überhaupt noch Amateurfunkgeräte herstellen.

  3. Der Verstrahlte

    Jesus, Icom und Alinco leben (größtenteils) vom AFU, bei Kenwood ist der AFU-Sektor nur noch ein Abfallprodukt der umfangreichen Unterhaltungselektronik-Entwicklung. Mit den ewig klammen Funkamateuren (oder sind es doch Amateurfunker) kann man eben auf Dauer kein Geld mehr machen.

    Ich gehe auch davon aus, daß sich Kenwood über kurz oder lang komplett aus dem Amateurfunk-Geschäft zurückziehen wird. Wäre irgendwie bedauerlich, da Kenwood (meiner äußerst laienhaften Meinung nach) der Hersteller war, von dem man (damals) noch am meisten Funk fürs Geld bekam.

  4. Also ich fände es ja spannend, wenn sich alle Hersteller zurückziehen würden!
    Dann gäbe es wieder Firmen wie Heathkit und wir müssten uns die Geräte wieder selbst zusammenlöten und abgleichen. Oder gar Homemade, ein Begriff, den man Ende der 70iger / Anfang 80iger noch öfter auf Band hörte. Und beim monatlichen OV-Treffen würde wieder vermehrt über technische Projekte diskutiert und weniger über die Qualität des Essens gelabert werden. Neben den eigenen Lernerfolgen und Aha-Erlebnissen wäre ein weiterer positiver Nebeneffekt, dass dann folglich “gewisse” Niveauschichten auf AFU gar nicht mehr zu hören wären. :-)
    Klingt arrogant, ist aber so.
    Aber solange dem nicht so ist, kaufe ich ja auch fast alles fertig. Denn der Geist ist willig und das Fleisch ist schwach.
    Aber das ist schon prächtig Off Topic…….

    • Das tönt so Ewiggestrig, LOL

      • Der Verstrahlte

        “Ewiggestrig” ist so ein furchtbarer Ausdruck, erschaffen vom politisch korrekten Gutmenschentum.

        Hier im Qualitätsblog der Vernunft heißt es “Rückbesinnung auf alte Werte”.

        • Jetzt muss ich mal etwas philosophieren ;-)
          Vorab gilt für mich gerade im Hobbybereich sowieso: Leben und leben lassen. “Ewiggestrig” ist aber ein Ausdruck, den es im Hobbybereich für mich schlichtweg nicht gibt. Nachdem ein Hobby ja nicht dem effizienten Broterwerb dient, so hat es seine Existenzberechtigung ausschließlich nur darin, dass es in irgend einer Form Spaß macht.
          Und wenn ich da jetzt zwei Extrembeispiele überlege:
          Der eine kauft sich ein fertiges aktuelles Gerät mit Bildschirm von dessen Technik er so gut wie nichts mehr versteht (verstehen kann), steuert alles per HRD, hängt sich in einen DX-Cluster und partizipiert dadurch von der Leistung eines anderen – mit Ausbreitungsbedingungen beschäftigen ist ja auch ewiggestrig :-), klickt auf eine Taste, der TRX stellt sich ein, 5/9 ins Micro und fertig. Ah ja, ein automatischer Antennentuner, der den Draht zum nächsten Baum irgendwie anwürgt, gehört dazu.
          Wie langweilig ist das eigentlich? Also wenn das der ganze AFU wäre, hätte ich mir ehrlich schon längst eine andere Freizeitbeschäftigung gesucht.

          Der andere lötet an einer Schaltung herum, Kurzschlußrauch und Zinndampf, verbrannte Fingerspitzen, vielleicht sogar noch leuchtende Röhren, funktioniert nicht, grübel, fluch und studier, und dann kommen schlußendlich ein paar Watt in CW raus. Irgenwann wird dann noch ein Gehäuse, das hoffentlich nicht aussieht wie aus Frankensteins Labor, fabriziert.. Hmmm, da brauch ich aber nicht zu überlegen, wa da cooler und spannender ist.
          Damit kein falscher Verdacht aufkommt, ich war auch schon kurz in der ersten “Liga”, bewege mich aber immer mehr auf die zweite zu und habe den Verdacht, dass dies einmal das Endstadium meines Funkvirus wird. Beruhigend ist, dass ich damit nicht alleine bin. Ich kenne ein paar OM´s, die schon das Hobby an den Nagel hängen wollten. Dann aber noch QRP-Selbstbau entdeckten und wieder mit Feuer und Flamme dabei sind.

          Zu guter Letzt ein vielbemühtes Beispiel: Einem Segler, also jemandem der sich “ewiggestrig” mit Wind und Wetter beschäftigt, sagt ja auch niemand, dass er altmodisch sei, wo es doch längst bequeme Motorschiffe gibt. Übrigens gibt es sogar bei den PC-Spezis eine interessante Retrobewegung! Also wieder mit den Commodores, Ataris und 286ern mit DOS 5.0. Warum? Einfach weil es viel mehr Spaß machte per Basic ein Männchen über den Bildschirm zu jagen als auf einem Windows, das man längst nicht mehr versteht, gelangweilt herumzuklicken.

  5. Ja ich weiß eh….
    ABER:
    Wirklich reich ist der, der mehr Träume in seiner Seele hat, als die Wirklichkeit zerstören kann.
    Hans Kruppa

    Wenigstens konnte ich in meinem beginnenden AFU-Dasein noch einen Heathkit SB-101 zusammenlöten. Mit dieser Gurke, das war er nämlich, hatte ich mehr Freude als mit den anderen Schicki-Micki Geräten später…… Ist eben so bei Selbstgebautem, auch wenn´s nur ein Bausatz ist.

  6. Der Verstrahlte

    Früher war ein “Amateur” lediglich eine Person, die sich rein aus persönlicher Neigung und nicht zur Verfolgung eines Geschäftszwecks mit irgendeiner Sache befaßte. Die Bezeichnung hatte keinen qualifizierenden oder gar abwertenden Charakter. Mittlerweile hat das “Amateur” in “Amateurfunk” aber eine völlig neue Dimension gewonnen…..

  7. Ja Anton, das Basteln ist heute nur noch ein Nischendasein! Und die Steckdosenamateure haben eh eine zwei jährige Wartefrist, bis ev etwas gebastelt werden könnte, Garantie.

  8. Der Verstrahlte

    Natürlich ist Amateurfunk eins der besten Hobbies, die es gibt. Und
    natürlich muß man diese Einstellung dazu vollkommen verinnerlicht haben, sonst würde man angesichts all der Widrigkeiten und Anfeindungen in unserer elektrosmog-hysterischen Gesellschaft einfach das Handtuch werfen und Ausschau nach einem pflegeleichteren Hobby halten. Das Sammeln von Bierdeckeln oder Kugelschreibern stelle ich mir z.B. auch sehr spannend vor……

    Was die Zukunft des AFU angeht, bin ich allerdings ebenfalls nicht allzu
    optimistisch. Aussterben wird der AFU zwar (in nächster Zeit) nicht, aber
    die erhoffte/angekündigte “Frischzellenkur” bringen auch minderintelligente Dummschwätzer nicht, die es jetzt, dank Einsteigerlizenz, endlich geschafft haben (nachdem sie früher 5 Mal durch die “normale” Prüfung gerauscht waren und die Prüfung somit erfolgreich ihre Filterfunktion erfüllt hatte).

    Ansonsten ist das Interesse der Jugend am Amateurfunk eher gering. Das
    läßt sich nicht wegdiskutieren – auch wenn jeder Neuzugang unter 20 Jahren weiterhin als Quasi-Wendepunkt gefeiert wird.

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