Monatsarchiv: September 2014

Die Gefängnis-Expedition

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Bisher habe ich kaum über DX Expeditionen berichtet. Das liegt daran, dass ich kein DXer bin. Doch das war nicht immer so.

Wer kein Young Timer unter den DXern ist, kann sich sicher noch an den legendären Romeo Stephanenko erinnern. Er wurde 1961 in der Ukraine geboren – damals gehörte diese noch zur Sowjetunion. Sein Vater war Funkamateur (heute noch aktiv als UZ1RR) und auch Romeo begeisterte sich für dieses Hobby und erhielt das Call UB5JRR

Romeo heiratete Alyona und sie hatten eine Tochter. Auch Alyona machte die Lizenzprüfung und erhielt das Call UT5JTA. Damit konnten die beiden in Kontakt bleiben, als Romeo für ein Projekt 1989 nach Vietnam versetzt wurde.

Allerdings war es bisher unmöglich gewesen, in Vietnam eine Funklizenz zu erhalten und entsprechen begehrt war dieses Land unter den DXern.

Was andere vergeblich versucht hatten, gelang Romeo. Er erhielt das Call 3W3RR. Das Pileup auf den Bändern war riesengross. Doch Romeo war ein ausgezeichneter Operator und bekannt für einen zuverlässigen und raschen QSL-Versand.

Damals wie heute wurden für das Rückporto Dollarnoten beigelegt. Oft mehrere Dollar, da die Absender dachten, ihre Chance zu erhöhen, eine QSL zu erhalten. Der Versand kostete aber damals aus Vietnam und der Sowjetunion nur den Bruchteil eines Dollars – schließlich waren die grünen Zettel damals noch etwas wert. Allerdings nicht mehr so viel wie 1972 als ich zum ersten Mal in den USA war. Damals kostete der Dollar über vier Franken.

Trotzdem: Romeo machte mit dem Überschuss aus dem QSL-Porto ein gutes Geschäft. Für eine Handvoll Dollar liess sich in der damaligen Sowjetunion ganz gut leben.

Das ermöglichte Romeo weitere DX-peditionen und er machte sich auf, an Orten aktiv zu werden, wo noch nie zuvor ein Funkamateur gewesen war. Sein nächstes Ziel war Spratly. Die Spratly-Inseln waren damals wie heute ein höchst umstrittenes Gebiet. Trotzdem schaffte es Romeo, aufgrund seiner guten Beziehung in höchste Regierungskreise, von Vietnam eine Erlaubnis für eine Expedition zu erhalten. Zusammen mit seinen Freunden war Romeo unter dem Call 1S0XV und 1S1RR im April/Mai 1990 QRV. Insgesamt schafften sie 40‘000 QSO. Jeder der Teilnehmer bezahlte dafür zwar 1000 Rubel (damals für viele ein Jahressälar), der Rest übernahm die Sowjetunion. Wie die Rechnung für jeden einzelnen nach dem QSL-Versand unter dem Strich aussah, darüber lässt sich nur spekulieren.

Wie auch immer: Die nächste Expedition stand schon fest. Afghanistan! Mitten im Chaos des Krieges: Die Russen zogen sich gerade aus dem Land zurück.

Romeo gelang es wieder, eine Lizenz zu ergattern und er machte das Unmögliche möglich: Im Januar 1991 waren er und sein Freund Valerie YL1WW als YA0RR QRV, aus einem Versteck im belagerten Kabul. Ein äusserst gefährliches Unterfangen. Nur Stealth-Antennen konnten gebaut werden. Ein Tower mit einem Beam wäre sofort beschossen worden.

Romeo Stephanenko wurde in der Folge zu einem der berümtesten DXer. Nun folgte eine Expedition auf die andere. Die Liste der Rufzeichen, die Romeo in all den Jahren benutzte, ist überwältigend:

1S0RR, 1S0XV, 1S1RR, 3W3RR/UF6F (earthquake rescue operation), 3W3RR/mm (South China Sea), 3W5JA, 3W7A, 3W8AA, 3W100HCM, 4J1FM, 4J1FW, 4J0Q, 4L/AH0M, 4U1ITU, 4U1VIC, 5A0RR, 9D0RR, 9H3UP, 9H50VE, 9Y4/AH0M, AH0M, AH0M/am (Bermuda Triangle perambulation), AH0M/VE2, AH0M/VE3, AH0M/W4 (Dry Tortugas Isl.), BY1PK, DL/AH0M, EK0JA, EK0RR/am (hot air balloon), EK0RR/mm (Russian Navy submarine), EW8TJ, FJ/AH0M, FS/AH0M, HB0/3W3RR, HB9/AH0M, IT9/AH0M (Etna volcano), J37/AH0M, J6/AH0M, JA3ZTN, JI1ZTA, KP2/AH0M, KP4/AH0M, LZ1KDP, LZ9A, LZ/AH0M, OE/AH0M, OK8ERR, OM9CRR, P5RS7, PJ2/AH0M, PJ7/AH0M, R3A (Russian Parliament, 20-21 August 1991), RB4JWS/UF1O (South Ossetia), RB4JWS/UF1Q (Adzharia), RB4JWS/UF1V (Abkhazia), RO/3W3RR (Pridnestrovie), S79R, TA1/3W3RR, TA2/3W3RR, UB5JRR, UB5JRR/UA6E (Mount Elbrus), UB5JRR/UA6X, UQ1GWW, V2A/AH0M, VP2E/AH0M, VP2M/AH0M, VP2M/AH0M/am (helicopter), VP5/AH0M, XE2/AH0M, XV2A, XV0SU, XV100HCM, XY0RR, YA0RR, YL1WW, YL75ID (Island of Death)

Amateurfunk war nun zu seinem „Beruf“ geworden. Sicher nicht nur des Geldes wegen. Der Thrill, an außergewöhnlichen Orten in einem Pileup zu stecken, war der ultimative Kick – vielleicht vergleichbar mit einer Droge.

Zwar kamen immer wieder Zweifel an seinen DX-Aktivitäten auf. Zum Beispiel im Falle von Myanmar (Burma), wo er angeblich als XY0RR QRV war. Doch die Gemeinde der DXer glaubte an Romeo. Er war ihr Held und die Zweifler waren missgünstige Neider.

Doch 1993 überdrehte Romeo das Rad. Als P5R7S war er angeblich aus Nord Korea QRV. Doch die Station stand vermutlich nicht in Korea sondern irgendwo in der Gegend von Wladiwostok. Die ARRl begann zu zweifeln. Doch zuviele DXer hatten P5R7S im Log und das DXCC Komitee konnte sich nicht zu einem Entschluss durchringen.

Inzwischen gingen Romeos Expeditionen weiter. Zum Beispiel 5A0RR aus Libyen. Eine ebenfalls umstrittene Aktivität.

Erst 1996 fasste die ARRL einen Entscheid: Romeo wurde aus dem DXCC-Programm ausgeschlossen. Für viele DXer und Anhänger Romeos brach eine Welt zusammen.

Nun wurde es still um Romeo. Er zog nach Malta und lebte dort unter dem Namen Roy Rogers. Unter dem Rufzeichen 9H3UP hielt er den Kontakt mit seinen Freunden in Russland und der Ukraine aufrecht. 1999 erfolgte die Scheidung von seiner Frau Alyona, die heute in den USA erfolgreich ein Geschäft betreibt. Die DX-Welt begann Romeo zu vergessen.

Doch für Romeo war damit die Abwärtsspirale noch nicht beendet. Er verstickte sich immer mehr in kriminelle Aktivitäten. Unter den Namen Roman Vega war er mit verschiedenen Pässen auf undurchsichtigen Wegen in der Welt unterwegs. 2004 wurde er in Zypern verhaftet und an die USA ausgeliefert. 40 verschiedene Vergehen wurden ihm vorgeworfen, unter anderem Kreditkartenbetrug im grossen Massstab. Letztes Jahr – nach über zehn Jahren Untersuchungshaft – wurde Romeo zu 29 Jahren Gefängnis verurteilt. Seine Untersuchungshaft abgerechnet, muss er also noch 18 Jahre absitzen. Ein trauriges Ende für einen zweifellos passionierten Funkamateur.

73 de Anton

Quellen:

- Practical Wireless September 2014

- Dokufunk

- Romeo 3W3RR Jail-pedition

Bild: Es gibt ja noch andere Hobbys als Amateurfunk ;-)

Die Ausbreitung der kurzen Wellen

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Manche OM glauben, dass sie mit dem Bestehen der Prüfung zu Funkspezialisten geworden sind. Doch das ist bloß eine Illusion. Die Funkprüfung ist erst der Anfang. Ausgelernt hat man in unserem Hobby nie, das ist das Spannende daran. Es gibt unzählige Facetten und Sparten zu erforschen.

Ein interessantes Thema ist zum Beispiel die Ausbreitung der Kurzwellen. Natürlich hilft hier die Praxis auf den Bändern, doch das allein reicht nicht aus, um zu verstehen, wieso die Dinge so sind, wie sie sind.

Man kann zum Beispiel eine US-Extra Prüfung bestehen, ohne den blassesten Schimmer von Kurzwellenausbreitung zu haben. Die paar Fragen lassen sich spielend auswendig lernen.

Doch das macht keinen Spaß.

Wer mehr über dieses spannende Gebiet wissen möchte, findet erstaunlicherweise im Internet nur Rudimentäres und Fragmente. Zumindest in Deutsch. Kurze Beschreibung der Bänder, etwas über Sonnenflecken und Ionosphärenschichten. Doch tiefer wird kaum gegraben.

Und so wundert sich dann manch ein OM im Spanienurlaub, dass dort die Bänder einen ganz anderen Charakter haben als in Norddeutschland. Bereits hier in der Schweiz sehen zum Beispiel 80 und 160m anders aus, als an der Nordseeküste.

Natürlich kann der OM ein akademisches Werk über Wellenausbreitung erwerben, doch wer nicht Physik oder Ingenieurwissenschaften studiert hat, wird das Buch bald zur Seite legen.

Die beste Einführung in die Wellenausbreitung habe ich bisher in der neusten Ausgabe (2014) des ARRL Radio Handbooks (Kapitel 19) gefunden. Überhaupt gehört dieses Standardwerk in jeden Shack. Ob Relaisarbeiter, KW Contester oder Allerleifunker. Auf Deutsch gibt es leider nichts Vergleichbares.

Für den, der sich für das tägliche Geschehen hoch über unseren Köpfen interessiert, gibt es zum Beispiel die Seite Spaceweather.com Oder auf Deutsch die Seite Sonnen-Sturm.info

 Voacap ist ein “unverzichtbares” Tool geworden zur Vorhersage der Ausbreitung von jedem Punkt der Erde, bzw. zwischen zwei beliebigen Orten.

Auf UKW kann die VHF-Propagation Map dem DX-Jäger sehr nützlich sein.  Eine Seite, die ihre Information aus dem APRS-Netz bezieht. Meines Erachtens die einzige wirklich nützliche Anwendung von APRS. Sonst ist das ja kaum mehr als “Ameisen beobachten” ;-)

73 de Anton

Bild: Lac d’Esparron. Geheimtipp: Ein Elektroboot in Esparron mieten und durch den unteren “Canyon” nach Quinson fahren. Dort Apéro und Mittagessen und dann zurück. Für Sportskanonen geht’s natürlich auch mit einem Kanu.

Ein 80m QSO mit einer verrückten Antenne

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Meine abendlichen Verbindungen aus Südfrankreich in die Schweiz konzentrierten sich auf das 40m Band. 160 und 80 hatten meist zuviel QRN von den Gewittern rund ums Mittelmeer, und für 30m war es um 21:00 MEZ oft bereits zu spät.

Doch nicht alle Funkamateure dürfen das 40m Band benutzen. HB3er sind von den wichtigen “Mittelbändern” 40,30 und 20m ausgeklammert. So auch mein Freund Andy, HB3YAF.

Darum versuchte ich es immer wieder auch auf 80m, trotz des QRN. In CW versteht sich, denn Andy greift höchst selten zum Mikrofon. Ich weiss nicht einmal, ob er überhaupt eins hat.

Doch seine Drahtantenne lieferte zuviel Lokal-QRM um mich aufnehmen zu können. Am schlimmsten ist das Heugebläse des Bauern nebenan. Springt es an, hat Andy auf 80m S9 plus 60. Dagegen ist PLC ein Kindergeburtstag. Ich denke, dass da ein elektrischer Wurm im Gebläse sitzt. Vielleicht ist der Nullleiter weg und das Teil läuft irgendwo zwischen Phase und Blitzableiter ;-)

Trotzdem ist gestern noch ein CW QSO auf 80m zustande gekommen. Andy kam mit komfortablen 579 hier in Esparron an. Dank einer Wunderantenne, die er in aller Eile aufgebaut hat. Mir sträubten sich die verbliebenen Haare, als ich ein Bild von diesem Teil sah.

Es handelt sich dabei um eine Spiral-Loop-Antenne von SM0VPO. Hier gehts zur Baubeschreibung.

73 de Anton

Wer misst misst Mist

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Die Bundesnetzagentur hat ein Powerline-Modem nachgemessen, nachdem ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des DARC erhebliche Störungen durch dieses Gerät festgestellt hatte. Resultat: das fragliche Gerät entspreche der Norm, meinte die BNA, übermässige Störungen könnten nicht festgestellt werden. 

Darauf verlangte der DARC die Messprotokolle. Zuerst weigerte sich die BNA, diese herauszurücken. Doch als der DARC schliesslich Einsicht bekam, stellte sich heraus: Das Gerät war im Standby-Modus gemessen worden.

Da gibt es meines Erachtens nur drei Möglichkeiten:

1. Der Messknecht ist ein Blindgänger und hat keine Ahnung

2. Er war schlicht zu faul, oder

3. Vom Hersteller des Modems gekauft.

Dass die BNA das Messprotokoll zuerst nicht herausrücken wollte, deutet darauf hin, dass man dort über den “Fehler” Bescheid wusste.

Ein anderes Beispiel von falschen Messungen ist eine Studie, die 2008 an der Medizinischen Universität in Wien durchgeführt wurde. Resultat: Handy-Strahlung schädigt angeblich die menschliche DNA unterhalb der geltenden Grenzwerte.

Noch heute wird diese Studie zitiert, obwohl sich längst herausgestellt hat, dass die Resultate falsch und vermutlich manipuliert waren.

Ein gesundes Misstrauen und Hinterfragen kann auch in der Wissenschaft nicht schaden. Immer wieder wird ein Traum in die Realität transformiert oder das Tor in den Schuss verlegt ;-)

73 de Anton

Bild: Schloss bei Aiguines (Gorges du Verdon)

Eine Zufallsantenne

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Manchmal werde ich von frischen OM gefragt, welche Antenne ich denn empfehlen würde. Und meistens werden dann die bekannten kommerziellen Produkte aufgezählt. Meistens irgendwelche Drahtgebilde, vielfach mit Traps, oder Alu-Stängel, vorzugsweise mit dem Attribut “keine Radials notwendig”.

Heute vor einer Woche, stand ich auch vor der Frage, welche Antenne ich errichten sollte. Denn zurzeit bin ich wieder in Südfrankreich und hole den Sommer nach.

Diesmal habe ich mich in Selbstbeschränkung geübt, schliesslich musste ja alles in den Fiesta. Da habe ich sogar auf einen jener praktischen Angelruten verzichtet, obschon ich inzwischen über ein ganzes Sortiment von diesen Dingern verfüge. Nur Draht und Zwickzange kamen mit. Bäume hat es da unten ja genug, dachte ich mir. übersehen hatte ich allerdings, dass hier unten vor zehn Jahren ein Waldbrand stattgefunden hat und die biologischen Antennenmasten noch nicht so hoch sind, wie ich mir das erträumt hatte.

Macht nix, dachte ich, ich will sowieso nur eine NVIS-Antenne bauen, und eine solche hängt bekanntlich tief, damit sie hoch strahlt. 

Doch auch die tiefsten Bäume setzten meinen Wurfkünsten widerstand entgegen und das arthritische Rheuma setzte strikte Grenzen. Wie praktische wäre jetzt so ein zehn Meter Teleskopstängel gewesen um damit den Draht auf einen passenden Ast zu bugsieren. Trotzdem habe ich es geschafft. Denn schliesslich ist ein Haus auch ein Mast, was oft vergessen wird. 

Doch was für eine Antenne habe ich eigentlich gebaut? Nun, es ist eine Zufallsantenne. Nachdem man bei einem QTH die in Frage kommenden Stützpunkte ausgespäht hat, geht es in der Regel darum, möglichst viel Draht möglichst hoch in die Luft zu bekommen. In diesem Fall sind es stolze 75m, denke ich. So genau weiss ich das nicht. Aber dafür hat man ja einen automatischen Tuner. Auch sein Platz war rasch gefunden, nämlich bei einem Drittel der Gesamtlänge. Dort steht zufälligerweise das Haus ;-)

Noch rasch ein paar Windungen des Koax und des Speisekabels beim Tuner auf einen N30 Toroid (Mantelwellensperre) und ab ging die Post

80, 40, 30 und 20m: der CG-3000 stimmte ab wie eine Orgel. Ein glücklicher Zufall. Wäre es anders gewesen, hätte ich es mal mit ansetzen und/oder abschneiden versucht.

In der Zwischenzeit habe ich den Draht noch etwas um- und höher gehängt, doch das Resultat ist immer das gleiche: Eine wunderbare NVIS-Antenne. Die Signale bis zu 500 km sind kräftig. Aufs modellieren mit MMANA-GAL habe ich verzichtet. Der Boden hier ist ausgesprochen trocken und wer weiss wo der richtige Ground ist. 

Dieser asymmetrisch gespeiste, nicht resonante Dipol befindet sich etwa 4-5m über dem Boden und hätte ich meinen Antennenanalyzer dabei, wäre es sicher interessant, die Impedanzen zu messen. Aber auch dieses Teil musste zuhause bleiben. Und ehrlich gesagt, schwimme ich bei 30 Grad und Sonnenschein lieber im Pool, als Messungen durchzuführen.

Für Zufallsantennen gilt übrigens auch die Regel: Never change a winning horse. Daher werde ich das Ding mal so bleiben lassen, wie es ist ;-)

73 de Anton 

Bilder: Gorges du Verdon in der Nähe der Zufallsantenne