Tagesarchiv: 11. Dezember 2010

Ameritron AL-811H Linear Amplifier

Die Ameritron AL-811H ist eine der am weitesten verbreiteten Endstufen. Kein Wunder, das Teil hat mit Abstand das beste Preis/Leistungsverhältnis. Für weniger als 1000 Euro ist man QRO. Nicht ganz mit einem Kilowatt, wie bei uns in der Schweiz erlaubt, aber mit immerhin 800W PEP. Auf das letzte dB kann man aber ruhig verzichten.

Die PA wurde von Charles Rauch jr. W8JI entwickelt. Eine Meisterleistung. Denn die PA ist nicht nur unschlagbar günstig, sondern auch robust und zuverlässig. Sie ist sehr einfach aufgebaut und trotzdem schwer und groß wie ein Tank. Dazu gibt es zwei Drehspulinstrumente und nicht billige Leuchtdioden wie bei den ACOM’s. Die Abstimmknöpfe sind groß und haben eine Untersetzung mit Zeiger um fein abstimmen zu können. Auf irgendwelchen elektronischen Schnickschnack wurde verzichtet.

Die Ameritron ist nicht transistorisiert und funktioniert auch nicht mit alten russischen Keramikröhren, die heute nicht mehr hergestellt werden, wie einige Konkurrenten, sondern mit vier Stück vom Typ 811A, die parallel geschaltet sind. Im Vorgänger (dem Ameritron AL-811, ohne H) sind es drei für 600W PEP.

Diese Röhren sind vom „Konfitürengläser-Typ“ und wurden noch vor dem zweiten Weltkrieg entwickelt. Es sind Trioden und sie werden in der PA „grounded grid“ betrieben. Heute werden sie nur noch in China gefertigt. Vermutlich nur noch von einem oder maximal zwei Herstellern. Einige Zwischenhändler lassen sie aber speziell bedrucken und verkaufen sie als Eigenmarke, so dass man den Eindruck einer gewissen Vielfalt bekommt. Natürlich behauptet jeder, seine seien „Special Quality“ und viel besser als die „billigen“ aus China. Ein Marketingtrick, der schon meine Großmutter kannte.

Neben neuen 811A aus China gibt es noch eine große Menge von NOS (New Old Stock). Das sind Röhren die seit Jahrzehnten keinen Röhrensockel gesehen haben, dafür vielleicht schon etwas Luft atmen. Die 811A wurde ursprünglich nicht für Amateurfunk-PA’s sondern für Musikverstärker und kommerzielle Sender gebaut.

Listigerweise existiert eine Röhre, die fast die gleichen Daten aufweist wie die 811A und die gleichen Abmessungen und den gleichen Sockel besitzt. Es ist die 572B. Die einzigen Unterschiede sind die höhere maximale Anodenspannung der 572B und die höhere Verlustleistung. Letztere resultiert aus dem Umstand, dass die Anode der 572B nicht aus Blech, sondern aus Graphit besteht. Das Anodenblech der 811A verformt sich bei (zu) hoher Temperatur, die Graphitanode der 572B dagegen nicht. Allerdings sollte das beim normalen Betrieb der Ameritron kein Thema sein. Aber es gibt immer mehr OM’s die nicht mit Röhren aufgewachsen sind und kein „Gefühl“ für diese Glühflaschen haben und viele, die das letzte dB rauskitzeln wollen.

Darum werden die 811A im Ameritron oft durch 572B ersetzt – die Foren sind voll von diesem Thema. Das ist problemlos und geschieht ohne weitere Modifikationen. Auch die 572B wird heute nur noch in China gefertigt. Die russische Svetlana hat ihre Produktion aufgegeben und ein cleverer Amerikaner hat das restliche Lager aufgekauft. Er verkauft sie jetzt zu Apothekerpreisen und behauptet, die chinesischen Röhren hätten eine Ausfallrate von 35% und die alten russischen praktisch Null.

Wenn dem so wäre, würde praktisch kein Viererset aus China funktionieren ;-)

So ein Viererset wird übrigens „als matched Quad“ verkauft, das heißt als ausgemessene Röhren, die alle die gleichen Charakteristiken aufweisen sollen. Ob das wirklich so ist oder nur ein Verkaufsargument, weiß ich nicht.

Wer seine 811A im Ameritron mit 572B ersetzt, bekommt aber nicht etwa mehr Leistung. Das Einzige was er bekommt ist ein größeres Loch im Portemonnaie. Denn eine 572B mit Graphitanode ist wesentlich teurer als eine 811 mit Blechanode. In der Ameritron ist die Leistung nämlich durch das Netzteil begrenzt. Das sieht man unter anderem daran, dass die Anodenspannung von ca. 1800Vim Leerlauf  auf 1500V bei Last sinkt. 1500 Volt ist laut Datenblatt übrigens die maximal zulässige Anodenspannung der Röhre 811A. In der Ameritron wird sie also an ihrer Grenze betrieben, was ihr aber nichts auszumachen scheint. Die maximale Anodenspannung der 572B liegt dagegen bei 2500 Volt. Sie wird also von den 1500V bloß gekitzelt.

Kritisch ist der Gitterstrom und der sollte in keinem Fall überschritten werden, wenn einem das Leben der Röhren lieb ist. Für beide, 811A und 572B, gilt ein Maximalwert von 50mA pro Röhre, in der Ameritron also total 200mA.

Beide Röhren werden übrigens auch in vielen anderen älteren PA’s eingesetzt wie zum Beispiel in der Collins 30L-1 oder der Sommerkamp FL-2100 (nur zwei Röhren). Meistens jedoch liegend. Doch das Liegen kann den Röhren schlecht bekommen. Wenn die Gitter zu heiß werden, können sie durchhängen und das Anodenblech küssen.

Hier noch ein interessanter Erfahrungsbericht über die Ameritron AL-811A von DC9ZP .

73 de Anton