Tagesarchiv: 31. Januar 2011

Krokodil

Gestern haben wir unsere Tests auf 137.3 kHz fortgesetzt. Bevor wir den ersten CQ-Ruf in den Äther schicken konnten, gab es aber noch ein Problem zu lösen: Das Relais für die Einschaltverzögerung im Sender hatte seinen Geist aufgegeben. Da wir keinen Ersatz hatten, mussten wir es überbrücken. Die Sicherungen hielten und nun hoffen wir, dass auch der Gleichrichter standhaft bleibt.

Ein erstes QSO gelang uns mit Paul, HB9DFQ, in Watt bei Regensdorf, über eine Distanz von 158km. Wie der nachfolgende Bericht von Paul zeigt, war unser Signal sehr stark und wir realisierten, dass wir ein Krokodil waren (grosses Maul, kleine Ohren), was sich in den nachfolgenden QSO’s bestätigte.

Hier Pauls Bericht:

Hallo Toni, aus aktuellem Anlass sende ich Dir die Beschreibung meines Langwellensenders. Der Sender an sich ist nichts besonderes. Wie man auf den Bildern sehen kann, musste das Ganze schnell gehen.

Bei den Spulen auf den WC-Papierrollen handelt es sich um Induktivitäten zur Oberwellenunterdrückung.

Die Sendeleistung ist durch das Netzteil von 25 V bei 3 A Laststrom begrenzt.

Die VFO-Schaltung zeigt, dass man mit digitalen IC’s einfache und sehr frequenzstabile Oszillatoren bauen kann. Im vorliegenden Beispiel werden 4.5 MHz erzeugt und anschliessend durch 32 geteilt. Damit werden unerwünschte Mitzieheffekte vermieden. Dieses Konzept hat sich besser bewährt als ein einfacher Oszillaor mit einem NPN-Transistor. Die Frequenz wird mit einem Zähler gemessen welcher ich ca. 1971 gebaut habe. Dieser besteht aus einem TTL Friedhof aus ca. 50 TTL-Bausteinen.

Die Ladespule ist relativ gross und hat eine Induktivität von 4 mH. Normalerweise beträgt in der Spule der Verlustwiderstand 10 Ohm und in der Erdleitung nochmals 10 Ohm. Ich verwende keine Varioneter sondern die Windungen werden soweit auseinander geschoben bis die Antenne auf Resonanz ist.

Die Antenne ist ein 70 m langer Draht welcher zwischen 5 und 10 m hoch aufgespannt ist. Mit ca. 0.1 Ohm Strahlungswiderstand beträgt der Wirkungsgrad der Antenne, unter Berücksichtigung der Verlustwiderstände, noch maximal 0.5 % was bei 50 Watt Sendeleistung 250 mW ERP entsprechen würde. Dies ist jedoch eine allzu optimistische Abschätzung. Ich vermute dass 50 mW ERP nicht überschritten werden.

Als Empfänger wurde der IC756-PRO-III verwendet. Auf dem Spektrumscope sind die beiden “Krokodile” und dazwischen einmal das leere Langwellenband und einmal mit dem Signal von HE3OM zu sehen. Das Spektrum zeigt übrigens die Bandbreite des Filters im IC756 und nicht die Bandbreite des Langwellensignals.

Ich kann Dir und der ganzen Crew nur zu diesem Bombensignal gratulieren. Dieses Signal ist schon in der Grössenordnung der kommerziellen Stationen. Das waren sicher 1 Watt ERP.

73 de Paul

Paul fand, wir seien ein Krokodil zwischen anderen Krokodilen. Wie wir auf den folgenden Aufnahmen feststellen können, konnten wir uns durchaus mit den Signalen der kommerziellen Stationen ausserhalb des Amateurbandes sehen lassen. Erstes Foto ohne, zweites mit HE3OM:

Was wir hier sehen, ist der Bildschirm eines Icom IC-756 Pro3, der als Empfänger eingesetzt wird. Die Auflösung des Spektroskops ist zwar gering, doch der Transceiver ist mit seinen schmalen DSP-Filtern ein recht guter Langwellenempfänger. Bei unseren nächsten Tests werden wir auch dieses Gerät einsetzen.

Das zweite Langwellen-QSO gelang dann mit Jeff, F6BWO, über eine Distanz von 200km. Beim dritten Langwellen QSO kam dann Markus, DF6NM, in Nürnberg zum Zug.

Dazwischen machten wir Crossbandbetrieb mit QSX auf 7001 kHz und 3555 kHz. So konnte uns unter anderen auch Mal, G3KEV, in der Nähe von London erreichen, der zuvor vergeblich versucht hatte, uns auf 137 kHz zu kontaktieren.

Wie ich heute aus den E-Mails ersehe, die ich erhielt, hörten uns noch viele andere und versuchten uns auf Langwelle zu rufen. Doch ihre Signale waren bei uns zu schwach. Wir werden deshalb versuchen, für die nächsten Tests unsere Empfangssituation zu verbessern.

Aber nicht nur auf 137 kHz hatten wir Mühe mit dem Empfang. Auch auf 80m und 40m haperte es. Wir verbesserten deshalb am späteren Nachmittag unsere Empfangsantenne.

Für nähere Stationen waren wir aber vermutlich auf 40m in der toten Zone und auf 80m war die Tagesdämpfung noch zu hoch. Das führte zu Missstimmung bei einigen Stationen: “Wieso kann er mich auf KW nicht hören, er kommt doch auf Langwelle mit 599 rein”, mag sich manch einer gefragt haben. Doch die lange Welle folgt eigenen Regeln. Es gibt keine tote Zone und die Ausbreitung ist auch tagsüber recht gut, da gegenüber den KW-Bändern die Bodenwelle viel weiter reicht. Nachts kommt dann die Ionosphäre ins Spiel und rückt dann für die Stärksten unter den Langwellenstationen eine Atlantiküberquerung in den Bereich der Möglichkeiten.

Apropos lange Wellen: Immer wieder wird im Zusammenhang mit 137kHz von Längstwellen gesprochen. Doch das ist übertrieben. Längstwellen, oder VLF, heissen die Wellen im Bereich 3 – 30 kHz. Wir funken also lediglich auf Langwelle.

Zum Schluss noch eine Bemerkung zu der Strahlungsleistung. Diese wird meistens überschätzt, wie Paul in seinem Report bereits angetönt hat. Kaum eine Amateurfunksstation dürfte 1W ERP erreichen. Die Verluste durch die Verlängerungsspule und die Erdverluste sind extrem hoch und werden meistens unterschätzt. Wir werden im Verlaufe der Test versuchen, unsere Strahlungsleistung genauer zu bestimmen. Erlaubt sind 1WERP.

73 de Anton

Oberstes Bild von Vincent, HB9EVJ: Unser Hauptproblem, die Erddrossel. Und hier noch das Schema von Pauls Sender:

VFO Sender