Tagesarchiv: 3. November 2010

GENTLEMAN’S BAND

160m, oft auch Top Band genannt, sagt man, sei das Band der Gentlemen. Es ist das älteste Amateurfunkband und stammt aus der Pionierzeit des Funks. Weltweit wurde es am 25. November 1927 anlässlich der International Radiotelegraph Convention of Washington dem Amateurfunk zugeteilt. Und zwar von 1715kHz bis 2000kHz. An der Konferenz 1947 in Atlantic City wurde dann der Bereich auf 1800-2000kHz reduziert. Dies unter der Auflage, das LORAN Navigationssystem, das im gleichen Bereich arbeitete, nicht zu stören. Weitere Frequenzeinschränkungen und Leistungsrestriktionen folgten, je nach Küstennähe und in den USA sogar für Tag und Nacht unterschiedlich. Auch in der Schweiz galt lange Jahre ein Limit von 10W.

Schon vor dem zweiten Weltkrieg verlor aber das Band an Popularität. Auf 20m war DX viel einfacher zu arbeiten und der regionale Funkverkehr auf 80 benötige Antennen, die nur halb so groß waren. Mit dem Aufkommen von LORAN geriet das 160m Band noch weiter ins Abseits und bei den Amateuren in Vergessenheit. Nur ein Häufchen Unentwegter tummelte sich noch auf dem Band, doch auf den Skalen der kommerziellen Amateurfunkgeräte fehlte 160m ganz.

Anfang der 80er Jahre wurde LORAN-A abgeschaltet. Nur in China und Japan lief es noch bis 1995. Damit war der Weg frei für eine Wiedergeburt des einzigen Mittelwellenbandes der Funkamateure. Auf den Skalen der Geräte erschien das Band wieder und es begann sich allmählich wieder zu bevölkern. In der Schweiz wurde die Leistungsbeschränkung aufgehoben, aber gleichzeitig das Band auf den Abschnitt 1810-1850kHz reduziert. Man wolle lieber kleinere Amateurfunkbänder, dafür exklusive, hieß es damals bei der verantwortlichen Behörde. Später wurde dann doch der restliche Bereich bis 2000kHz auf sekundärer Basis freigegeben. Und zwar mit einer Leistung bis 1kW. Mit den ausgemusterten Militärstationen SE-222, die Ende 80er an Amateure verkauft wurden, erlebte das Band einen kleinen Boom.

Unsere nördlichen Nachbarn sind da wesentlich restriktiver: Von 1850-1890 KHz dürfen in DL maximal 75W Sendeleistung und von 1890-2000kHz nur 10W verwendet werden. Trotzdem hört man immer wieder im oberen Bandbereich Stationen jenseits des Bodensees, die ein unglaubliches Signal erzeugen, oft mit dem typischen Splatter falsch dimensionierter oder falsch betriebener Endstufen. Man habe eben eine gute Antenne und wohne am Wasser, heisst es. Wer’s glaubt, wird selig. Die Franzosen sind bezüglich 160m noch restriktiver und erlauben nur Betrieb von 1810-1850kHz. Der REF hat schon vor Jahren eine Erweiterung beantragt, doch die Mühlen in Paris mahlen besonders langsam und die Behörden sind nicht besonders amateurfunkfreundlich. Den Franzosen haben wir übrigens zu verdanken, dass wir 1947 in Atlantic City den Bereich von 29.7-30MHz verloren haben. Nur die Italiener sind da noch restriktiver. Im 160m Band steht ihnen nur gerade 1830-1850kHz zur Verfügung.

Es ist in diesen Ländern nicht so sehr der Seefunk, der den Amateurfunk auf 160m nicht toleriert. Militär und Polizei haben den Daumen auf diesen Frequenzen. Die nordischen Staaten in Europa sind trotz langen Küstenlinien gegenüber den Funkamateuren freizügiger. Einen Überblick findet man hier.

Diesen Restriktionen im benachbarten Ausland ist es wohl zu verdanken, dass wir hierzulande ungestört auf 160m funken können. Abgesehen natürlich von den überhand nehmenden Störungen durch den Chinaschrott in Form von PLC, Plasmafernsehern, Schaltnetzteilen usw. Auf all diesen Geräten prangt wohl das CE-Zeichen, doch kontrolliert das niemand. Ist ja auch eine Selbstdeklaration und heißt eigentlich „China Electronic“ ;-)

Das 160m Band, im Gegensatz zu 80m tatsächlich noch ein Gentleman-Band mit angenehmen Umgangsformen, ist nicht nur wegen seiner speziellen Ausbreitungseigenschaften für DXer interessant, es ist vor allem ein ausgezeichnetes Band für kürzere Distanzen, die mit UKW nicht mehr überbrückt werden können. Es ist deshalb in den Winternächten des Sonnenfleckenminimums oft das einzige Band, das eine flächendeckende Kommunikation innerhalb der Schweiz erlaubt (keine tote Zone). Ein Aspekt, der für den Notfunk nicht unwesentlich ist.

73 de Anton

Bild: Die Truppe zieht ab, der Operator war nicht zuhause.