Tagesarchiv: 5. September 2011

Je komplizierter, desto besser?

Es sieht ganz so aus, als würde uns finanzmässig ein heisser Herbst bevorstehen. “Gott schütze meine Bank” hat heute ein Spassvogel in einem Forum geschrieben.

Ganze andere “Spassvögel” waren vermutlich am Werk, als letztes Wochenende in Dortmund das DAB+ Radio abgeschaltet wurde. Es störte nämlich den Polizeifunk. Uns Funkamateure wundert das nicht. Denn der Polizeifunk sitzt gerade neben dem Frequenzbereich des DAB. Da braucht es nur etwas Power und wenig übersteuerungsfeste Handfunken und schon ist der Ofen aus. Polizei 168-174 MHz, DAB 174-230 MHz. Allerdings müssen die Frequenzwahl sehr ungünstig, die DAB-Leistung hoch, der Antennenstandort fraglich und die Polizeihandys grottenschlecht sein, damit man das Radio abschalten muss um die Polizei beim Funken nicht zu stören. Da waren wohl “Experten” am Werk.

Mit der Einführung des digitalen Polizeifunks (TETRA) werde das nicht mehr vorkommen, liest man in den Zeitungen. Vom Frequenzbereich her mag das stimmen, denn der TETRA-Bündelfunk liegt im unteren UHF-Bereich, unterhalb unseres 70cm-Bandes.

Bei diesen digitalen Funksystemen weiss der Benutzer nicht mehr, auf welcher Frequenz er funkt, diese wird ihm automatisch und dynamisch von der Leitstation zugewiesen, welche die entsprechende Funkzelle kontrolliert. Am besten erkläre ich das an einem Beispiel: Stellt euch vor, ihr hättet nur noch eine Handfunke und diese hätte nur vier Bedienungselemente. Einen Einschaltknopf, einen Lautstärkeregler einen CQ-Knopf und eine Tastatur. Wenn ihr CQ rufen wollt, drückt ihr den Knopf, wenn ihr eine bestimmte Station anrufen wollt, tippt ihr das Rufzeichen in die Tastatur. Wenn ihr CQ-Rufe hören wollt, drückt ihr CQ und wählt die Region auf der Tastatur. Euer Transceiver ist mit einer Leitstation in der Nähe verbunden, wo all die grossen Kisten und die schönen Antennen stehen, die euer Nachbar oder eure XYL nicht wollen, weil sie Kopfweh machen. Diese vollautomatische Station wählt für euch die passenden Frequenzen, Betriebsarten, Antennen etc. Wenn die Leitstation euch nicht empfangen kann, weil ihr im Weinkeller seid oder gerade alle Frequenzen voll sind, ertönt ein Besetztzeichen. Aber wieso es mal nicht klappt, da habt ihr keinen Schimmer. Das ganze System ist eine riesige Blackbox, die nur ein paar Cracks von der IT verstehen.

Das mit den grossen Kisten und schönen Antennen ist natürlich nur eine Illusion und ich habe sie ins Spiel gebracht, um den schönen Schein zu wahren. In Wirklichkeit verbindet euch die Leitstation mit anderen Leitstationen übers Internet. So wie bei D-Star.

Übrigens bekommt auch die Schweiz ihr Bündelfunksystem. Das heisst aber nicht TETRA, sondern POLYCOM und ist eine nicht kompatible Extrawurst, weil es nicht auf dem Standard TETRA sondern auf dem Standard TETRAPOL basiert. Soviel zur allgemeinen Verwirrung.

Sind damit alle Probleme gelöst? Im Prinzip ja, würde Radio Eriwan sagen. Doch wenn ein solches System mal abliegt, dann gute Nacht. Dann wird man die Dienste der Funkamateure mit Handkuss nehmen, sofern die dann noch zu funken wissen.

Ach ja, beinahe hätte ich es vergessen: So ein TETRAPOL-Handy kostet ca. 40 mal mehr als ein Baofeng :-)

73 de Anton

Bilder: Ein Fasan und sein Huhn spazieren vor unserem Shack auf der Insel Bornholm