Tagesarchiv: 18. September 2011

Bevorzugt das BAKOM eine kleine Gruppe von Funkamateuren?

Zitate aus einem Segler-Forum:

“Zum Glück operiert der Maritime Mobile Amateurfunkverkehr zum großen Teil aus internationalen Gewässern und ist deshalb von den rückständigen Gesetzen der Telekom/Postzone nicht betroffen. Maritime Mobile-Stationen mit DL Rufzeichen dürfen also ganz legal WinLink© E-Mail senden und empfangen, wenn sie mit einem MBO außerhalb der BRD in Verbindung sind.”

“Jedem, dem die Deutsche Lizenz zu schwer oder zu aufwendig ist sei gesagt, daß man auch als nicht US-Bürger außerhalb der Vereinigten Staaten eine gültige US-Lizenz erwerben kann.”

Und an anderer Stelle auf einer Seglerseite:

Da die Installation einer Amateurfunkanlage nicht ganz einfach und das Thema für viele ein Buch mit sieben Siegeln ist, haben wir die Informationen recht umfangreich dargestellt. Uns ging es vor der Abfahrt übrigens genauso und deshalb haben wir die Zusammenstellung der Komponenten und die Installation von einem Fachmann durchführen lassen.

Winlink und Winmor sind Pactor-Betriebsarten, die Email übers Internet ermöglichen. Der Zugang erfolgt über unbediente Stationen im Kurzwellenbereich auf der ganzen Welt

Für DX-Expeditionen ist heute ein Internet-Zugang de facto Standard. Damit verfügen die Teilnehmer u.a. über aktuelle Ausbreitungsprognosen und können ihr Logbuch online stellen. Dagegen ist meines Erachtens nichts einzuwenden. Der Internet-Zugriff hat ja ausschliesslich mit Amateurfunk zu tun.

Anders sieht es bei den Besitzern von Hochseeyachten aus. Hier ist der Amateurfunk und damit der Internet-Zugang über Kurzwelle eine günstige Alternative zu den kommerziellen Diensten.

Dass die Segler nur reine Amateurfunkinfos austauschen und kurze Grüsse an ihre Freunde mailen, glauben nur OM’s, die auch glauben, Zitronenfalter würden Zitronen falten und Volksvertreter würden das Volk vertreten. Ich vermute, viele Yachtbesitzer machen nur eine Amateurfunkprüfung um gratis funken und mailen zu können.

Doch was sagt unsere Behörde, das BAKOM, dazu. Gemäss Artikel 33 FKV ist der Fall klar:

 Wer eine Amateurfunkkonzession besitzt, darf die Funkanlage nur benützen zur Übertragung technischer Informationen über Sende- und Empfangsversuche sowie für persönliche Mitteilungen und Mitteilungen in Notfällen.

Nicht zulässig sind insbesondere:

b) die Übertragung von Informationen die von Dritten stammen oder für Dritte bestimmt sind, sofern nicht alle Beteiligten Funkamateure sind.

Das ist eindeutig. Doch liest man in den Vorschriften zum Amateurfunkdienst weiter, so stösst man auf folgenden Passus:

 2.5 Verbindungen mit dem Internet über Amateurfunkstationen

Bewilligungen für das Errichten von Amateurfunkanlagen, die einen Zugang ins Internet ermöglichen, werden nur Amateurfunkvereinen erteilt.

Der Abruf von öffentlich zugänglichen Informationen aus dem Internet und die Übermittlung und der Empfang von persönlichen, nicht kommerziellen E-Mails, SMS oder FAX sind zulässig. Nicht zulässig hingegen sind rechtsgeschäftliche Mitteilungen sowie die Vermittlung von Informationen von Dritten an Dritte. Die Station darf nicht für kommerzielle Zwecke benutzt werden. Die Funkamateure, welche die Station benutzen, sind für das Einhalten der Vorschriften verantwortlich.

Ja was jetzt? Darf ich die Börsenkurse abrufen und online Zeitung lesen? Plötzlich sind Informationen an Dritte und von Dritten zulässig? Nur noch Meldungen von Dritten an Dritte ist verboten, also das blosse Übermitteln. Das „oder“ wurde fallen gelassen. Ich denke nicht, dass das ein Fehler im Wording ist, im BAKOM wimmelt es nur so von Juristen.

Der kleinen Gruppe von Funkamateuren, die Winlink und Winmore nützen – geschätzt <2% – gesteht das BAKOM also Sonderrechte zu? Was hat das mit Amateurfunk zu tun, wenn ich meine Börsenkurse auf 14 MHz bekomme und der Grossmutter einen Brief schreibe? Oder wenn ich auf dem Campingplatz über Winlink maile, um Handy-Kosten zu sparen?

Wieso werden Hunderte von Frequenzen auf den engen Kurzwellenbändern mit automatischen Stationen zugepflastert, die keine Rücksicht auf laufende QSOs nehmen und einfach losrattern? Wieso wird eine Betriebsart erlaubt, bei der man ein teures patentiertes Modem einer einzigen Firma kaufen muss? Wieso wird die Konkurrenzierung kommerzieller Land- und Seefunkdienste zugelassen.

Da muss man doch unweigerlich zum Schluss kommen, dass da eine starke Lobby gewirkt hat, um die Fernmeldebehörden zu überzeugen, die Regeln aufzuweichen und einer Gruppe von Funkamateuren Sonderrechte zuzugestehen.

Wie dem auch sei, die USKA kann’s auf jeden Fall nicht gewesen sein. Ihre Lobbykompetenz ist m.E. recht kümmerlich, sonst wären wir Schweizer kaum das Schlusslicht bei der Erlaubnis auf neuen Frequenzen zu experimentieren (9kHz, 500kHz, 5MHz, 70MHz, 3GHz usw.)

73 de Anton

PS. Ich bin selbst Segler und Amateurfunk vom Boot aus ist wunderbar. Solange nicht plötzlich eine automatische Station das CW QSO stört.