Tagesarchiv: 21. Juli 2011

Die Äthergeige

Funkamateure streben danach, möglichst stabile Frequenzen zu erzeugen. Doch bei der Äthergeige, die notabene in einem Bereich spielt, den wir auch gerne benutzen würden, nämlich um 500 kHz, ist das nicht der Fall. Ihr versteht nur “Bahnhof”? Gut, dann fangen wir ganz vorne an:

Professor Theremin wurde 1896 in St. Petersburg in Russland geboren. Vermutlich haben ihn die Interferenzen des Radioempfangs inspiriert, der damals gerade die Welt eroberte. So genau wissen wir das nicht. Doch im Jahr 1920 erfand er das Thereminvox. Ein Musikinstrument mit zwei Antennen, das berührungslos gespielt wird und auch heute noch zu hören ist. Im Prinzip eine Luftgittare mit Ton :-) Insbesondere als Hintergrundmusik in Filmen tritt sie immer wieder in Erscheinung. Hier der Link zum Patent, das Theremin 1928 in den USA erhielt und dann an die Firma RCA verkaufte.

Theremin zog nach seiner Erfindung nach New York um dort weiter daran zu arbeiten. Das ging eine Zeit lang gut und er heiratete eine amerikanische Balletttänzerin. Doch 1938 wurde er von der Vorläuferorganisation des KGB in seiner Wohnung gekidnappt und nach Russland verschleppt. Dort wurde er des Landesverrats beschuldigt und in ein Lager gesteckt. Doch dann erhielt er die Aufgabe, eine Wanze zu entwickeln, was er auch tat. Theremin ist also auch der Erfinder der “Wanze”, des Minisenders (Minispion) zum Abhören von Gesprächen. In der Folge wurde er rehabilitiert und sogar ausgezeichnet. Theremin überwachte dann auch persönlich die “Verwanzung” der amerikanischen Botschaft in Moskau und der Privatwohnung von Stalin. Theremin arbeitete dann zwar weiter als Professor, doch in der Sowjetunion von damals hatte man “ernstere” Dinge mit  der Elektronik vor, als Musikinstrumente zu bauen. Er musste sein Fachgebiet wechseln. 1993, kurz vor seinem Tod, besuchte er ein letztes Mal die Vereinigten Staaten.

Doch zurück zu seinem Instrument, das heute immer noch Theremin genannt wird. Hier das Schema wie es 1929 von RCA gebaut wurde. Natürlich mit Röhren bestückt. Das Prinzip ist folgendes. Mit den Antennen wird jeweils ein freischwingender Oszillator gegenüber einem zweiten verstimmt, sobald man in ihre Nähe der Antenne kommt. Ein Oszillatorpaar ist für die Tonhöhe, das andere für die Lautstärke (via Frequenz – Spannungswandler) verantwortlich. Wie erwähnt, funktionieren die Oszillatoren im Bereich um die 500 kHz. Unter anderem auch im Bereich der Zwischenfrequenz 455 kHz, um nicht von starken Radiostationen gestört zu werden.

Das Instrument wird absolut berührungslos gespielt. Nur mit der Annäherung der Hände an die beiden Antennen. Das setzt für den Spieler höchste Konzentration und ein grosses Talent voraus. Man hat erstens keine Anhaltspunkte und muss zweitens mit seinem restlichen Körper absolut still halten, um die Antennen nicht ungewollt zu beeinflussen.

Wie dieses Instrument klingt und wie es gespielt wird, sehen wir in diesem Clip mit der Theremin-Spielerin Pamelia Kurstin.

Hier noch etwas mehr Informationen zu diesem fantastischen Ätherwellen-Instrument und hier der Nachbau eines Theremins anlässlich einer Diplomarbeit.

73 de Anton

Bild: Radar im Wald von Almindingen, Bornholm